Bruder ...

Bruder - stehe still - und trachte dich zu erinnern. 

Vergiß, daß die Zeit dahineilt, wäre es auch nur zehn Minuten am Tag. 

Betrachte dich selbst und deinen Mitmenschen und schau dir eure Taten an. 

Trachte danach, deren Motive objektiv aufzuspüren und prüfe das Resultat an der Realität um dich herum. 

Vergiß niemals, daß der Weise abgeklärt ist und ergründe die Ursache dafür. 

Töte deinen Stolz, welcher lächerlich ist vor Gott. 

Bringe deine Wünsche zum Schweigen, die dich dazu führen, deinen Bruder zu verletzen.  Folge nur einem Licht: dem des Opfers. 

Sei fleißig, aber ohne Übertreibung. 

Vermeide es, nutzlose Dinge zu tun, zu sagen oder zu suchen, denn deine Zeit in diesem Leben ist kurz. 

Spüre in deinem Herzen den Quell alles Bösen auf und schließe diesen: in jeder Minute des Tages. 

Tu oder sage nichts undurchdacht, um keine Ursachen für neue Sorgen zu schaffen. 

Beachte, daß der Stärkste immer derjenige ist, welcher sich selbst besiegt. 

Wenn der Schmerz dich übermannt, dann bringe dich zur Ruhe. Fliehe nicht in Betäubung oder Lügen, sondern betrachte ihn im Lichte seiner vielfältigen Bedeutung. 

Begreife, daß das Weh ein läuterndes Feuer ist, welches die Wunden ausbrennt und reinigt. 

Laß dich diese Reinigung feurig begehren. 

Denn erst wenn du als ein Phönix in diesem Feuer wiedergeboren bist, kannst du Wegweiser werden. 

Lebe in dem ewigen Jetzt. 

Blicke dich nicht um und sehne dich nicht nach dem Morgen, denn das Unendliche vibriert in jeder Sekunde. 

Dies kann dir eine große Hilfe sein auf deinem Wege, denn im Jetzt gedeihen weder Neid noch Mißgunst, noch Eifersucht und Haß.  

Weigere dich einzuschließen in einen Turm aus Elfenbein, denn dein Arbeitsfeld ist die Welt mit ihrer Menschheit, und wer sich absondert, macht seine Seele steril in Selbstherrlichkeit.  

Sei stets bereit, von jedermann zu lernen. 

Lerne darum, zu lauschen und zu schweigen. 

Sprich nur, wenn deine Zunge rein ist und nicht verletzen will oder kann. 

Sprich nur, wenn du wirklich etwas zu sagen hast. 

Sei geduldig und verträglich durch Liebe. 

Trachte, das Verlangen nach Sensation zu töten, denn starke Bewegtheiten stören die Vibration und schaffen ein kochendes Meer von Wirbeln und Strömungen und bringen deinen Geist in Verwirrung.  

Trachte, die Dinge durch unpersönliches Begreifen und Anfassen objektiv zu sehen. 

Wer außerhalb der Erregungen bleibt, kann sie in ihrer Gesamtheit übersehen und mit klarem Auge das Heilmittel erkennen.  

Verlange keine Selbstentwicklung, denn der Weise weiß, daß die Blume, die auf dem rechten Boden wächst, ganz von selbst gedeiht und nichts weiter tun muß als sein, mit einem tiefen Verlangen nach dem Licht. 

Erkenne gleichzeitig, daß, was du auch immer tun mögest, du immer einsam sein wirst, bis daß du in Ihm die Einheit mit allen hergestellt haben wirst. 

Kein Mensch ist imstande, einem anderen vollkommen nahezukommen und sei es auch nur für eine einzige Sekunde. 

Darum suche keine Bindung in dieser Welt, denn jede Bindung nach der Natur verstanden ist ein Quell des Schmerzes. 

Wer nach Selbstentwicklung trachtet, versteinert in der Sucht nach persönlicher Größe. 

Sein Licht ist in dir von der Stunde an, da du es empfangen willst. 

Solange du nicht dafür geöffnet bist, wirst du vergebens nach Erleuchtung suchen, denn es gibt keine Wahrheit, kein Wissen außer Ihm.

Strebe nach Frieden und gib dadurch das Vorbild, daß du dich deinem Mitmenschen stets friedfertig nahst, was er auch tun möge, um den Zorn in dir zu entfachen. 

Bedenke immer, daß gute Absichten auf dem Pfad nicht ausreichen.  

Denn von dir wird das Vorbild und die Tat gefordert. 

Und du sollst nicht so tun, als ob.  

Du sollst keine toten Buchstaben verkündigen, sondern die Wahrheit deiner Erfahrung gemäß. 

Habe Mut, du selbst zu sein. 

Plappere keine Weisheit nach, bevor sie dein eigenes Gut geworden ist, denn sonst bist du wie der Papagei, der zu sagen lernte: "Mich frierts" und dieses auch hinausschrie, als seine Federn in hellen Flammen standen. 

Lerne demütig zu bekennen, was du bist, und wenn man dich bespottet, so wisse. daß der Spötter ein Tor ist, mit dem man Mitleid haben muß, aber sage ihm das nicht, um dich nicht selbst über deinen Bruder zu erheben. 

Das Licht wird euch beide urteilen. 

Wenn dein Bruder in deinen Augen schlecht handelt, so urteile nicht, denn du kennst Gottes Wege nicht und nicht einmal deinen eigenen Weg, und würdest du diesen kennen, begreife dann, daß dein Weg niemals der Weg deines Bruders sein kann.  

Auch daß ein aufbrechendes Geschwür manchmal eine Blutreinigung sein kann.  

Besinne dich auch auf das dir von Geburt Mitgegebene, nämlich die eigene Persönlichkeit. 

Dafür besteht ein Grund. 

Denn sie ist ein Träger, in dem du dich ausdrücken mußt, sie vergegenwärtigt, was du zu besiegen und zu beherrschen hast. 

Halte sie fest in der Hand und lockere die Zügel keine Sekunde, auf daß das Pferd, seinem Meister entglitten, nicht durchgehe. 

Vergiß auch nicht, daß die Welt, so wie sie sich gegenwärtig zeigt, eine große Lektion ist und daß du diese lernen mußt, indem du ihr geheimes Licht stibitzt, damit es dir diene. 

Denn du bist als ein Meister über die Natur gesetzt und was der Meister sagt, sagt auch der Hüter, darum gibt der Welt, was der Welt zukommt und sei gut und sorgsam mit ihren Früchten. 

Du hast eine Pflicht zu erfüllen, nicht alleine deinen Mitmenschen sondern auch dem Pflanzen- und Tierreich gegenüber. 

Darum, lebe einfach, ohne Ausschweifungen. 

Nimm der Erde nicht mehr Früchte, als du benötigst, um deine Energie aufrechtzuerhalten. 

Verschone soviel Leben als möglich, damit du, durch deine Art bereits ein Parasit, nicht aus Wollust zu töten beginnst. 

Gib niemals einen Kampf auf, wie mühselig er auch auszutragen sei. 

Beginne immer wieder aufs neue,

 ohne zu ruhen, bis du dem Licht begegnest.  

Behalte nichts für dich selbst.  

Gib mit Urteil an einen jeden, was er von dir erbittet und laß niemals eine persönliche Not einer Weltnot vorangehen. 

Wenn du es mit einem Aspekt deiner Versündigung besonders schwer hast, so entziehe diesem deine Aufmerksamkeit und du wirst sehen, daß das Unkraut mangels Nahrung sterben wird.  

Wenn du merkst, daß du die Früchte des Kampfes zu pflücken beginnst, dann stehe nicht still. 

Sieh dich um und gib von deinen Früchten denen, die hungern und dürsten.  

Denn es ist so, daß jede Frucht, nach mühsamem Kampf erreicht und wieder weggegeben, sich gedeihend vervielfacht und dir überreichlich zurückgegeben werden wird, sei es auch in einer neuen fremden Form. 

Sorge dich niemals um den Ausgang eines Kampfes, denn dieser ist mit Sicherheit gewonnen, wenn du in Seinem Lichte stehst und dich selbst vergessen kannst. 

Selbst wenn du, durch Mangel an Kraft, tausendmal fallen solltest: deine Wunden werden heilen und stets  wirst du wieder mit erneuerter Kraft aufstehen.  

Denke daran, Bruder, daß Liebe, bewahrt bis in die letzten Konsequenzen, der mächtigste Schild in dieser Welt ist. 

Bleibe daher niemals erschöpft entlang des Weges sitzen. 

Werde niemals hoffnungslos und begehe nicht den entgegengesetzten Fehler, stolz zu sein; sei nie lau, denn dann wird Er dich ausspeien, und das mit recht, Schwächlinge gehören nicht in Gottes Reich.  

Lerne, Bruder, daß du ganz siegen und besiegt werden mußt, bevor du frei sein wirst. 

Es ist ein Kampf, den du zu gleicher Zeit gewinnen und verlieren mußt.  Denke darüber nach, bis du die tiefere Bedeutung dieses wahren Wortes entdeckt hast. 

Wenn dann Wissen zu dir kommt, wirst du merken, daß du eines geworden bist mit vielen.  

Dann erwartet dich eine große Freude, denn von der Stunde ab werden Brüder und Schwestern von dir erkannt werden und es wird Freude sein in ihren Herzen  und in dem deinen, weil die große Gemeinschaft um einen reicher geworden sein wird.  

Eine Wissenschaft ist dir anvertraut und du stehst an der Schwelle der Wiedergeburt. 

Stehe dann einen Augenblick still in deiner großen Einsamkeit, die eins ist mit vielen. 

Sieh gut, ob nichts dich mehr binden kann, ehe du weiterschreitest, denn der Herr sagt: "Wahrlich, ich sage euch, wer nicht alles verlassen hat, kann mir nicht folgen."  

Von diesem Augenblick an sollst du dich besinnen auf die Passion von Christus, unserem Herrn. 

Die sollst du suchen und ihr folgen bis zum Opfer des Kreuzes. 

Dein Weg wird ein Licht und eine Segnung sein für die ganze Welt.

©1970-2013 Henk und Mia Leene