"Wir kennen das Leben nicht: wie sollten wir dann den Tod kennen?"
Konfuzius
"Leben ist, ein Gemälde zu machen, nicht eine Rechenaufgabe zu lösen."
Oliver Wendell Holmes
Obwohl junge Menschen nicht gerne an den Tod denken und dies auch nicht zu tun brauchen, ist es eine Tatsache, daß der Tod neben uns steht wenn wir geboren werden und nicht mehr von unserer Seite weicht.
Der Tod gehört zu unserem Organismus, nicht zu unserer Seele und dem Geist.
Dennoch wird er so häufig gefürchtet, daß manch einer vergißt zu leben, weil der Tod ihn bedrückt.
Wir können uns fragen, warum jemand den Tod fürchtet.
Ist es darum, daß sein gutes Leben ein Ende findet?
Ist es darum, daß er Vergeltung fürchtet?
Oder ist es darum, daß er seinen irdischen Besitz aufgeben muß?
Trotzdem ist der Tod ein treuer Gefährte und jedermanns Leben ist durchwirkt von seinen Kennzeichen.
Der Tod ist nichts Schlimmes, das Sterben kann schwer sein oder werden.
Daß der Körper abbaut, ist eine normale natürliche Erscheinung, daß er aber eines gewaltsamen Todes sterben kann, ist eine widernatürliche Erscheinung.
Je verständiger wir sind, desto lakonischer stehen wir dem Tod gegenüber und desto mehr erhalten wir Einsicht, auf welche Weise wir einmal sterben werden.
Das Sterben haben wir nämlich mehr oder weniger in der Hand.
Der Tod ist ein unvermeidliches Gesetz.
Es ist normal und gesund, daß junge Menschen nicht so viel Interesse haben an einem Leben nach dem Tod.
Als man Thoreau fragte, wie er über das Leben nach dem Tod denke, antwortete er:
"Dort ist ebenfalls eine Welt!"
Das irdische Leben kann all unsere Energie und unsere Interessen verschlingen, so daß sich nur jene, die sich davon lösen - und das sind häufig ältere Menschen -, für ein Leben nach dem Tode interessieren.
Es ist die Welt, für die sie sich bereit machen.
Dennoch ist der Tod nicht immer vom Alter abhängig.
Der Weise weiß, wann sich sein Ende nähert, selbst wenn er noch jung an Jahren ist.
Die Wechselwirkung zwischen der Welt nach dem Tod und dieser Welt ist unmittelbar bei jenen vorhanden, die für das Unsichtbare offen sind.
Für uns ist doch - in üblichem Sinn gesprochen - die Welt an jener Seite unsichtbar.
Dennoch besteht sie, wie es auch viele Dinge gibt, die unseren Sinnen entgehen und die dennoch bestehen.
Dies hat nichts mit "Glauben" zu tun, sondern mit einem Wissen.
Jeder kennt die Welt an jener Seite, weil er dort gewesen ist, aber durch den Trunk aus dem Fluß Lethe sie vergessen hat.
Der Trunk des Vergessens ist eine Gunst für jene, die nicht so einfach mit dem Gedanken an zwei Welten leben können, es verwirrt sie.
Die Verwirrung entsteht jedoch nur, wenn man das heutige Leben nicht beherrschen kann und aus ihm eine komplizierte Rechenaufgabe macht, oder die Gegebenheiten nicht kennt.
Deshalb ist das Wort so schön: Das Leben ist ein Gemälde.
Das Leben ist eine Kunst.
Kunst ist Inspiration, Empfänglichkeit, das Sehen mit anderen Augen.
Die Künstler, oder jene die malen, gehen auf in der Gegebenheit und sorgen sich nicht um das Ergebnis. Das Ergebnis ist die Antwort auf das Spiel ihres Pinsels.
Kunst ist, sich einer Leitung anzuvertrauen und sich manchmal über das Resultat zu wundern.
Einer, der so in dem Leben steht, lebt fröhlicher, wird weiser, findet Befriedigung.
Es ist die Krankheit vieler, daß sie nicht mit den Augen eines Künstlers um sich blicken können.
Philosophie ist, der Lebenskunst eine Dimension hinzuzufügen, das Gegebene zu vertiefen, das Resultat zu verschönern.
In ältester Zeit war auch die Mathematik eine Kunst. Heutzutage haben wir in fast jeder Hinsicht der unsichtbaren Führung, die die Kunst inspiriert, einen Halt zugerufen, weil wir den Intellekt, eine irdische Gegebenheit, verehren.
Unser Leben ist ein Beweis dafür.
Wir leben, weil wir nun einmal müssen, weil wir nicht anders können und verbinden unser Leben mit unseren materiellen Umständen: unserer Arbeit, unserem Geld, unserer Familie.
Wir passen die Lebenskunst den Umständen an und nicht umgekehrt.
Das ist die Ursache, daß wir uns unglücklich oder unbefriedigt fühlen.
Manch einer wagt es nicht, "loszulassen", sich der unsichtbaren Führung anzuvertrauen, die einen guten Künstler inspiriert.
Wir haben an sie kein Vertrauen und können somit keine Lebenskünstler werden.
Ein schlechter Lebenskünstler macht aus dem Sterben und dem Tod ein Problem.
Der echte Künstler blickt zurück auf die prächtigen Resultate und freut sich darüber.
Für einen Lebenskünstler geht an jener Seite das Leben weiter.
Dachten Sie, daß es dort anders sei als hier, ausgenommen eines unsichtbaren Körpers, über den man sich keine Sorgen zu machen brauche?
Dennoch gibt es einen Körper, ein ätherisches Fahrzeug, das ebenfalls in Ordnung gehalten werden muß, damit dieses unsichtbare Leben einen harmonischen Fortgang findet.
Dieses unsichtbare Leben wird auf dem Niveau erhalten durch das Denken.
Nicht durch das intellektuelle Denken, sondern durch das Herzdenken, womit ein Lebenskünstler arbeitet.
Es ist dasjenige, das uns in unseren guten Augenblicken inspiriert und das uns Harmonie und Frieden schenkt, was wir unbedingt nötig haben.
Einer, der sich ständig krampfhaft Sorgen macht, Ängste hat, sich nur dem Geldverdienen widmet, lebt nicht leicht und wird auch nicht leicht sterben.
Er kommt an jener Seite unwissend an und muß dort erwachen, was schmerzlich sein kann und eine Behinderung für die Lebenskunst an jener Seite.
Für einen Künstler bestehen keine Grenzen, für einen Lebenskünstler gibt es keinen Tod.
Die Kunst geht weiter, hier oder an jener Seite, und was Tod und Leben verbindet, ist die unsichtbare Inspiration oder Führung.
Es ist völlig unwichtig, ob man an jener Seite lebt oder hier, unser Leben bleibt eine Kunst und wir arbeiten daran als Inspirierte.
Wenn nicht, dann ist das Leben eine schmerzliche Angelegenheit und Verdruß wird in all seinen Aspekten stets unser Teil sein.
Wir starren uns blind an etwas, das wir nicht haben, oder nicht erreicht haben und vergessen mit dem zu arbeiten, was wir haben.
Kein einziger Künstler läßt sich von einem Mangel an Material abhalten, er macht sich sein Material, weil sein Drang ihn dazu anspornt.
Deshalb ist Luxus eine Behinderung für den Künstler und den Lebenskünstler.
Er braucht nicht das Beste aus sich selbst zu holen, um ein Resultat zu erhalten und so schlafen seine besten Kräfte weiter.
Daher ist für viele das Leben ein Schlafwagen, ein unwirtschaftlicher Luxus.
Wir können nicht leben.
Wie sollten wir dann erwarten, würdig und froh sterben zu können?
Ein Gemälde zu machen, ist eine intensive Freude.
Genießen wir so unser Leben?
Das Leben mit den Augen eines Künstlers zu sehen, bedeutet, jeden Tag etwas Neues zu entdecken.
Tun wir das?
Das sichtbare Leben ist durchzogen von Informationen aus dem unsichtbaren Leben.
Bemerken wir es?
Auch wir sind davon durchzogen.
Jedoch nur, wenn wir die Verbindung mit dem Unsichtbaren bewahren.
Nicht dadurch, daß wir den Toten ständig lästig werden in ihrem Leben, in ihrer Arbeit, sondern indem wir offen bleiben für die Information, die uns Anweisungen gibt, uns aufmerksam macht auf unsichtbare Tatsachen, auf die so-genannten Mysterien.
So lösen sich die Mysterien auf und das einzig bleibende Mysterium wird sein:
Wie kann ich als Unvollkommener solch ein Resultat erhalten?
Wie kann ich als Dilettant solch ein prächtiges Gemälde erschaffen?
Denn jeder weiß, daß Technik nicht ausschlaggebend ist.
Technik ist angelernt, Schönheit ist Inspiration.
Technik ohne Inspiration ist keine Kunst, sie ist nur ein Abdruck, worin die unsichtbare Information fehlt.
Die Technik muß der Inspiration untergeordnet sein, ebenso wie im Leben.
Die Technik des Lebens ist das natürliche Handeln, das natürliche Gesetz, die allernötigsten Lebensbedingungen.
Haben Sie wohl einmal bemerkt, daß die so-genannten primitiven Völker näher bei dem Lebensglück und der Lebenskunst stehen als die zivilisierten Völker?
Haben Sie wohl einmal bemerkt, daß diese so-genannten Primitiven das Leben mit Künstleraugen betrachten und ständig der unsichtbaren Information lauschen?
Je weiser man wird, desto intensiver, aber auch desto tiefsinniger, hochstehender, vielumfassender wird die Information.
Der kultivierte Mensch schließt sich ab vor dem Leben an jener Seite.
Er lauscht höchstens einer spiritistischen Information, die häufig bedenklich ist.
Die so-genannten primitiven Völker leben mit den Gestorbenen und haben direkten Kontakt mit ihren Informationen und leben mit den unsichtbaren Merkmalen hinter der sichtbaren Natur.
Für uns moderne Menschen sind diese Gegebenheiten entweder wunderbar oder unsinnig.
Beide Feststellungen sind ein Zeichen unserer Unwissenheit, jedenfalls unseres tiefen Schlafes der Vergessenheit.
Selbst die Tiere wissen mehr.
Nichts ist wunderbar, alles ist normal.
Wenn wir nur die Ausgangspunkte sehen würden.
Nichts ist paranormal.
Es ist nur ein Wiederfinden von etwas, das wir verloren haben.
Vielleicht kann man es wundersam nennen, weil wir schon allzu lange in der Vergessenheit leben.
Allerlei esoterische Lehren, okkulte Gruppen, Therapien, versuchen, uns der Vergessenheit zu entreißen.
Es wird nur lächerlich, wenn man sieht, daß deren Leiter selbst in einem grauen Nebel der Vergessenheit leben.
Ihre so-genannte Kenntnis kommt aus zweiter Hand.
Es ist Imitation, Nachbeterei, Uninspiriertheit, somit keine Kunst, sondern Technik.
Daher gibt es unter all diesen Okkultisten, Religiösen, Esoterikern, Philosophen und Kursteilnehmern genauso wenig Lebenskünstler wie unter den so-genannten Außenstehenden.
Aus dem Leben ein Gemälde zu machen, ist eine angeborene Gabe, die wir bloßlegen müssen.
Wie?
Durch Lauschen.
Nicht durch Sprechen.
Es wird so viel unnötig und nutzlos gesprochen.
Worte können vernichten, das Lauschen vernichtet nie.
Lauschen und Schauen sind zwei Materialien, die für die Lebenskunst benötigt werden.
Lauschen zu lernen und Schauen zu lernen.
Zu lauschen, während der Informationsstrom in einem aufgebrochen wird, zu schauen, während dieser Informationsstrom um einen herumrauscht und einen stimuliert.
So arbeitet ein Künstler doch auch.
Solange Ihr ganzes Wesen in Beschlag genommen wird durch unwichtige, vorübergehende Dinge, solange können Sie weder lauschen noch sehen.
Das Lauschen und das Schauen sind Gegebenheiten für die inneren Sinneswerkzeuge, die ungeachtet unserer äußeren Sinneswerkzeuge arbeiten.
Niemand braucht einen irdischen Organismus zu haben um ein Künstler zu werden.
Ja, der irdische Mensch will irdische Dinge sehen.
Aber auch jene, die an jener Seite leben, machen ihre Kunstwerke, ohne einen irdischen Körper dazu zu gebrauchen.
Farben, Formen, Klänge sind unirdische Gegebenheiten und wir versuchen, sie auf eine irdische Weise zu übersetzen.
Ein Gemälde braucht keine Leinwand um ein Kunstwerk zu werden.
Ist die Natur nicht oftmals ein Kunstwerk?
Informationen gehen nicht über unsere äußeren Sinne, sie haben ihren eigenen Durchgang: die Seele.
Es ist die Seele, die aus uns ein Kunstwerk macht, die unsere Lebenskunst größer macht und uns zu dem macht, wer wir sind.
Unser Charakter tritt hierbei an die zweite Stelle, weil er zu unserem irdischen Fahrzeug gehört.
Unser Charakter kann uns hinopfern, sofern wir hauptsächlich irdisch leben.
Unser Charakter kann etwas entschuldigen und etwas verderben, aber er kann nie die Essenz angeben.
Die Essenz, der Kern der Dinge, geht über die Seele.
Viele leben, ohne den Kern der Dinge zu berühren, weil ihre Seele schläft.
Ihr Leben wird zu einem technischen Problem, einer Summe.
Einer Summe, die fast nie zu einem guten Resultat kommt.
Durch den Verlust der Sieben Heiligen Wissenschaften, die Entseelung dieser Wissenschaften, ist unser Leben zu einer intellektuellen Gegebenheit geworden, die wir vielleicht nach einigem Streben in einen Computer eingeben können.
Aber so können wir nie eine Kunst daraus machen, eine Kunst, die Frieden gibt, Befriedigung schenkt, Harmonie um uns hin bringt.
Computer bringen keine Harmonie, nur Zweckmäßigkeit.
Die Natur ist zweckmäßig, das ist ihr Gesetz, aber über das Gesetz erhebt sich der unsichtbare Informator, der Programmierer, der in die Natur die Kunst einbringt.
Die Kunst, die die Schönheit größer macht, die ergreift, die Frieden und Heilung bringt.
Hat der Computer eine ergreifende Schönheit?
Nein, er ist kundig.
Die Kunst kommt von Kennen, die Kunde kommt von Können.
Das Kennen ist unabhängig vom Können.
Man kann die Weisheit kennen, ohne z.B. gut lesen zu können.
Man kann Gott kennen, ohne daß man z.B. schreiben, laufen, rechnen kann.
Schönheit kann man z.B. kennen oder erkennen, ohne daß man mit einem Pinsel malen kann.
In unserer heutigen Gesellschaft haben wir das Können über das Kennen gestellt und sitzen daher auf einem Trümmerhaufen.
Dem Trümmerhaufen eines einst so schönen, natürlichen und unsichtbaren Gemäldes.
Dem Trümmerhaufen von dem, was wir hätten kennen müssen, aber vergessen haben.
Aber wir können trotzdem so viel!
Wenn wir eine Brücke schlagen zwischen Leben und Tod, d.h. zwischen zwei Welten, worin das Leben eine Kunst bleibt, verläuft unser Leben entlang den Informationen aus beiden Welten.
Dann gibt es weder Tod noch Ängste, noch all die vermeintlichen Enttäuschungen.
Dann sind wir ein besessener und inspirierter Künstler, der sich über jeden Pinselstrich freut, der das Gemälde seines Lebens vervollkommnet.
Jeder Tag, jede Stunde, ja, jede Minute ist solch eine Bewegung des Lebenspinsels.
Darauf sollten wir uns beschränken und nicht auf die schmerzlichen Verwicklungen, die wir "Existenz" nennen, die Notwendigkeit, um das Material zu erhalten.
Denn, hören Sie gut, der Künstler wird alles finden, was er braucht, auch der Lebenskünstler.
Weil er lauschen und sehen kann, mit den inneren Sinneswerkzeugen das Unsichtbare findet, womit er nichtsdestoweniger sein Gemälde anfertigen kann.
Ist das, was andere nicht sehen können, wir aber vorhanden wissen, nicht unser Geheimnis, unser eigenes Wunder, unser eigener Bronn, aus dem wir ungestört schöpfen können?
Jene, die solch einen Bronn besitzen, sind reich.
Doch mögen sie nicht bei diesem Reichtum stehen bleiben, sondern aus ihm schöpfen, Kunstwerke schaffen, die sie selbst und andere erfreuen.
Unser Leben ist ein unvollkommenes Gemälde.
Werfen Sie es nicht unzufrieden in eine Ecke, reißen Sie es nicht ab, sondern verwundern Sie sich über jenes, das Sie kennen und können, und machen Sie nach Ihrem Vermögen das Schönste daraus.
Lernen Sie zu lauschen, lernen Sie zu sehen mit unstofflichen Ohren und Augen, denn das Leben hört nicht bei dem Sichtbaren auf, im Gegenteil, es wird stärker in der Verbindung mit dem Unsichtbaren.
Um dies zu kennen, ist das Alter unwichtig.
Denn wie alt ist Ihre Seele?