"Wenn du den Pfeil der Wahrheit wirfst, dann tauche die Spitze in Honig."
Arabisch
Es ist schwierig nach den Normen der Wahrheit zu leben, denn die Wahrheit ist nicht beliebt. Die Wahrheit kann Haß aufrufen.
Es ist sehr einfach, zu sagen: "Ich liebe die Wahrheit, ich bin offen und sage die Wahrheit".
Jede Wahrheit geht so weit, wie es die Toleranz des Betreffenden erlaubt.
Man sollte nicht vergessen, daß man gerne die Wahrheit über andere hört, aber die Wahrheit über sich selbst am liebsten negiert. Man schließt oft die Augen vor den Fehlern seiner Lieben, über sie will man nicht die Wahrheit hören.
Dennoch führt die Wahrheit auf dem kürzesten Weg zum Ziel, obwohl jeder weiß, daß ein kürzerer Weg fast immer ein schwierigerer Weg ist. Der Mensch ist geboren, um die Wahrheit zu suchen. Jeder Philosoph ist auf der Suche nach der Wahrheit und diese befindet sich immer auf dem Boden des Quells.
Deshalb ist es immer besser, diejenige Literatur zu suchen, die nahe dem Quell ist, als Zitate von Zitaten zu lesen.
Leider ist es so, daß man umso bereitwilliger an die Wahrheit glaubt, je mehr sie abgeschwächt wird. Je weiter man von den ältesten Zeiten und ihren philosophischen Auffassungen abirrt, desto geneigter wird man sein, die Lügen zu akzeptieren.
Das Enthüllen der Wahrheit ist nur allzu oft von denen abhängig, die sie enthüllen wollen und von denen, die geneigt sind, sie zu akzeptieren.
Jede Wahrheit ist so wahr wie der, der mit ihr umgeht.
Jedermann läßt sein eigenes Stückchen Wahrheit zu, kann aber oft nicht in die Wahrheit von anderen treten. Auch ist es häufig unmöglich, Menschen mit der Wahrheit zu konfrontieren, wenn sie zu lange im sanften Bett der Lügen geschlafen haben.
Deshalb dauert es so lange, ehe die Wahrheit ganz enthüllt wird. Jedem ist bekannt, daß 2000 Jahre Christentum die Menschheit mit einem fürchterlichen Wirrwarr von Lügen umgeben hat. Jeder weiß sehr gut, daß das Zusammenleben, die Politik, die sogenannte Kultur von Lügen und nicht von der Wahrheit instand gehalten wird.
Es müßte sich zu viel ändern, wenn die Wahrheit enthüllt werden sollte. Die Wahrheit ist fast immer störend.
Wenn man sich selbst Sucher nach der Wahrheit nennt, dann müßte man toleranter, härter und ehrlicher sein.
Es ist nicht angenehm, erkennen zu müssen, daß man jahrelang an Lügen geglaubt hat. Auf seinen Schritten zurückzukehren und aufs neue anzufangen wie ein unbefangenes Kind, empfindet so mancher als eine Degradierung, obwohl dies natürlich nicht so ist. Noch peinlicher ist es, wenn man selbst Lügen unter dem Deckmantel der Wahrheit verbreitete, dem man so oft auf wissenschaftlichem, religiösem, philosophischem, medizinischem und politischem Gebiet begegnet.
Die Wahrheit pocht an die Tür des Gewissens des Menschen und es ist sein freier Wille, die Tür zu öffnen oder zu schließen.
Die Tür verschlossen zu halten, bedeutet manchmal, eingreifende geistige und körperliche Störungen zu bekommen, sie zu öffnen, bedeutet oft, in einen sauren Apfel zu beißen.
Was der Mensch wählt, liegt ausschließlich an seinem Fortschritt in Beziehung zu seinem Gewissen und seinem Bewußtsein.
Je unwissender oder selbstgenügsamer einer ist, desto lieber will er betrogen werden.
Der Spiegel der Wahrheit ist wie eine Selbstuntersuchung. Wenn man ehrlich ist, sucht man selbst diesen Spiegel, der einem dann auf mancherlei Weise vorgehalten wird. Man sagt nicht umsonst: Wer sich an anderen spiegelt, spiegelt sich sanft.
Das ist eine Lösung, um der peinlichen Wahrheit zuvorzukommen. Es ist das "Eintauchen der Spitze des Pfeiles der Wahrheit in Honig". Aber man muß bereit sein, die Wahrheit zu sehen. Ohne Bereitsein gibt es keine Möglichkeit.
Dies ist auf allen Gebieten so.
Wenn man bereit ist, die Wahrheit zu finden, geht man sie suchen; vor dieser Zeit ist das Motiv zum Suchen nicht vorhanden. Das Suchen nach der Wahrheit steht der Ketzerei gleich.
Ketzer waren und sind unbeliebt, weil sie einen Teil der Wahrheit enthüllen. Jede fundierte, sich selbst liebende Organisation enthüllt nur soweit die Wahrheit, als sie es sich ungestraft erlauben kann. Sucher nach der Wahrheit müssen immer damit rechnen, bestürzende, peinliche Tatsachen zu entdecken.
Als seinerzeit enthüllende Bücher über das Leben von Jesus erschienen sind, wie u.a. "Der Jesus-Rapport", da waren viele nicht bereit, es zu lesen. Sie fürchteten, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Dies besagt etwas von ihrem Bewußtsein.
Wenn man keinen individuellen inneren Boden hat, bleibt die Furcht vor dem Verlust des Bodens bestehen. Das, was man sich selbst erworben hat, kann einem niemand nehmen.
Deshalb wird dieses Buch von den kirchlichen Menschen gehaßt. Die kirchlichen Instanzen warnen davor.
Dasselbe gilt für die Bücher über das Entstehen der Bibel.
Die Esoteriker lachen darüber, sie finden es prächtig, aber o weh, wenn ihre eigenen Schriften einer minutiösen Untersuchung unterzogen werden. Niemand will auf seinem Gebiet angegriffen werden. Nur der wirklich wahrheitsliebende Mensch toleriert jede Untersuchung und lacht über falsche Schlußfolgerungen, ist aber sehr interessiert, wenn bis dahin unbekannte Tatsachen aufgetischt werden.
Die Wahrheit ist viel einfacher als es manch einer vermutet.
Wenn die Astrologen eine Untersuchung über den Ursprung der Astrologie vornehmen würden, müßten sie eine Menge der so-genannten erworbenen Kenntnis fallen lassen, um andere Tatsachen zu akzeptieren.
Solange jedoch die Astrologie für viele eine Einkommensquelle ist, solange wird der spirituelle Ursprung der Astrologie negiert werden, denn er ist nicht rentabel. Wenn das Gold oben zu schwimmen beginnt, ertrinkt die Wahrheit.
Solange man sich an die Symbolik klammert, wird das einfache Tatsachenmaterial verdunkelt. Tun dies nicht viele mit den alten Aussprüchen und alten Schriften?
Die Tatsachen sind oft so einfach, daß man keine Philosophie um sie aufzubauen braucht, sie sind selbst genug.
Jeder Mythos, jede Legende, manchmal auch die Märchen, sind um ein Tatsachenmaterial gewoben, um Wahrheiten, die man erfahren hat.
Nun werden die Märchen mit Kerzen und geweihter Musik versehen und als Symbol weitererzählt. Sogar Lehren und Gruppen kann man darauf aufbauen, aber die Wahrheit bleibt begraben.
Wer das nicht durchschauen will, bleibt unwissend und wächst innerlich nicht. Es ist die Wahrheit, die wachsen läßt und nicht das unnütze Gerede um sie herum. Manche wissen aus Erfahrung, daß ein sich Befreien von einer alten Auffassung neue Horizonte freilegt, freilegen kann. Es kommt nur darauf an, aus welchem Grund man sich von der alten Auffassung befreit hat.
Ein Stückchen Wahrheit bildet den Schlüssel zu einem weiteren Stückchen. Die Wahrheit ist ein großes Puzzle und manch einer weigert sich, es zu vollenden, andere halten überhaupt nichts von Puzzles.
Augenblicklich wimmelt es von sogenannten spirituellen Suchern. Die Zeit bringt es mit sich, daß viele vermuten, betrogen zu werden, daß viele bemerken, Steine anstatt Brot zu erhalten.
Aber das Motiv ist der Führer: Warum sucht man?
Unbefriedigt zu sein, ist ein guter Anlaß, aber die Angst ist ein schlechter Begleiter. Die Wahrheit ist nämlich für die Mutigen, die Liebe ist für die Schwachen.
Liebe ist bereit zu bedecken, nicht wahr? Der Honig, in den der Pfeil der Wahrheit getaucht wird, wird von der Liebe herbeigetragen.
Liebe, Angst, Selbstgenügsamkeit, Macht, das alles sind Gründe, um die Wahrheit zu verschleiern oder zu negieren oder gar zu leugnen. Aus zwei halben Wahrheiten wird nicht eine ganze Wahrheit.
Das ganze natürliche Lebensfeld des Menschen, sein Organismus, das innere Wachstum und das geistige Finden basieren auf der Wahrheit, oftmals auf einer sogenannten harten Wahrheit.
Was ist hart?
Hart bedeutet direkt, nichts scheuend, geradewegs auf den Kopf zu. Es ist die Angst des Menschen, die diese Wahrheit fürchtet.
Angst vor Entdeckung, vor dem Verlust des Gesichts, vor dem Verlust der Macht, des Geldes, der sogenannten Freunde.
Wenn die Wahrheit verwunden sollte, kann man sie aus Sympathie etwas bedecken, doch durch eine Lüge kann sie nie ersetzt werden. Alles in der Welt hat zwei Seiten; so auch die harte Wahrheit: einerseits kann sie eine Erleichterung und andererseits eine Enttäuschung sein.
Die Enttäuschung gilt nicht der Wahrheit, sondern der enthüllten Tatsache. Enttäuscht zu werden von einem Menschen, enttäuscht zu werden von einer Organisation, einer Gruppe, einer Methode usw. Wenn der Mensch denkt, daß die Lüge eine Wahrheit ist, dann ist es sein Risiko, wenn die Wahrheit ans Tageslicht kommt.
Man macht sich Vorstellungen von der Wahrheit, Vorstellungen, die auf Lügen, Schein, Gewohnheiten aufgebaut sind.
Die Tatsachen können dann enttäuschend sein, aber dies ändert an den Tatsachen selbst nichts.
Es werden z.B. augenblicklich Kurse gehalten für Healings, Chakra-Readings, Aura-Readings usw., es sind richtige Schulen dafür eingerichtet. Das sieht doch ein Blinder, daß das eine Farce ist. Unzählige Menschen werden dadurch verführt, daß sie sich auf ihre vermeintliche Spiritualität einstimmen, auf ihre sogenannten paranormalen Gaben oder ihre geistige Veranlagung.
Es ist die Selbstgenügsamkeit, auf die intelligent eingegangen wird. Der Mensch will nur allzu gerne mehr sein als sein Nächster, und es gibt immer viele Menschen, die zum eigenen Profit darauf abzielen.
Die spirituelle Veranlagung kann man freilegen, aber nicht anlernen. Kurse lernen an, Einkehr legt frei. Übung gebiert Kunst, jedoch die Kunst mit einem kleine k, Kunst mit einem großen K ist eine Gabe.
Das Klavierspielen kann man erlernen, aber erst die musikalische Gabe macht eine Kunst daraus, eine Kunst mit einem großen K.
In Wirklichkeit besitzt jeder Mensch sogenannte paranormale Gaben, sie sind ihm angeboren.
Nun kann zweierlei geschehen: entweder negiert man sie, weil man sie lächerlich findet, oder man versucht, sie zu gebrauchen.
Denn erst der Gebrauch vermehrt den Besitz. Aber auch diese so-genannte paranormale Gabe ist abhängig von und hält gleichen Schritt mit dem Bewußtsein des Betreffenden.
Das Paranormale an sich ist nichts Besonderes, jedes Tier ist paranormal. Aber es geht darum, wie der Betreffende damit umgeht.
Ein weiser Mensch unterscheidet sich völlig von einem Menschen, der sich mit seiner paranormalen Gabe brüstet.
Ist denn der Hund stolz auf seine paranormalen Gaben?
Daraus ersieht man wieder, daß man der Wahrheit nicht in die Augen schauen darf. Manch einer würde sich beleidigt fühlen, wenn man sagen würde: "Ach, jedes Tier ist paranormal".
Die Wahrheit darf man nicht sagen, der Schein darf angebetet werden.
Und jene, die sich auf solch eine Weise verführen lassen, sind entweder dumm - unwissend sind sie nicht -, oder selbst-genügsam.
Es klingt so gut, wenn man "intuitive Entwicklung" betreibt.
Man wird zu etwas Besonderem.
Aber wenn man dann sieht, daß jene wie grobe Materialisten essen und trinken, dann kann man sich wohl fragen, was so "Besonderes" daran ist. Die wilden Tiere sind paranormal und zerreißen dennoch ihre Beute.
Die Lebenseinstellung ist die Visitenkarte eines Menschen.
Es ist besser, ohne paranormale Entwicklung zu leben, als paranormal zu sein und sich gleichzeitig wie ein Tier zu verhalten.
Aus der Lebenseinstellung eines Menschen erkennt man, ob er die Wahrheit sucht oder nur die Selbstbefriedigung. Die Wahrheit scheint nicht immer befriedigend zu sein, nicht wahr?
Aber wenn man tiefer blickt, dann ist sie es wohl.
Sie kann schließlich inneren Frieden bringen, weil einer Scheinsituation ein Ende bereitet wird. Der Schein zwingt den Menschen, ein Doppelleben zu führen.
Jeder weiß, wohin es führt.
Das Festhalten an dem, was dem Menschen sicher erscheint, stimuliert ihn, die Wahrheit zu verschleiern.
Man hat sich selbst eine Scheinhaltung anerzogen, z.B. durch die auferlegten Formen. Man kann jemanden mit einem herzlichen Lächeln begrüßen und dabei denken: "Scher dich zum Teufel!"
Der eine ist nicht besser als der andere. Aber ein jeder hat gelernt, daß man Fliegen mit Honig und nicht mit Essig fängt und so ist man im Honig verklebt und vergißt allzugern den Essig.
Wie beim Essen alle fünf Geschmäcker einen Zweck haben, so ist es auch im Leben. Niemand kann leben vom Süßen allein.
Das Bittere provoziert den Menschen zu Taten; das Süße tröstet ihn; das Saure reizt ihn; das Salzige stärkt ihn und das Heiße erhitzt ihn. Deshalb kennzeichnet der Geschmack den Charakter.
Jeder Charakter wählt seinen Geschmack. Auch im Leben ist es so, was auf die Taten ankommt.
Die Wahrheit gehört zu dem Bitteren und Salzigen. Man muß dafür gefestigt sein. Ein Sucher muß damit rechnen, daß sein Weg vornehmlich entlang dem Salzigen und Bitteren führt.
Das Heiße ist da, wenn man z.B. inspiriert wird, das Süße wenn die Wunden verbunden werden und das Saure wenn der Wille wieder zum Vorschein kommt.
Wie auch beim Essen, so können all diese Geschmäcker imitiert werden, durch Chemie, durch unwürdige Produkte.
Im Leben denkt man oft, daß etwas bitter ist, aber die Wahrheit enthüllt dann, daß es die eigene Enttäuschung ist. Oder man denkt, daß etwas süß ist, und es zeigt sich, daß es voller Betrug ist. Oder man meint, das Saure zu schmecken, während es keinen Ansporn zum Weitergehen gab, so daß sich der Bronn als eine Imitation erwies. Oder das Heiße war nicht inspirierend, sondern fügte Leid zu. Oder das Salzige stärkte nicht, weil es nicht aus Salz gemacht war, denn es gibt nur ein Salz und dieses Salz ist die Basis des Bestehens.
"Wenn das Salz seine Kraft verliert .....", man kennt diesen Ausspruch.
Menschen, die ein salzloses Leben wählen, sind lau, werden von nichts stimuliert, begeistert oder provoziert.
Die Wahrheit ist nicht lau. Die Wahrheit kann durch nichts ersetzt werden. Sie ist seit den ältesten Zeiten dieselbe geblieben.
Wenn man meint, daß sie jetzt anders wäre, bedeutet das nur, daß man sie nie früher enthüllte. Die Wahrheit bleibt immer dieselbe, aber die Bedeckung oder die Enthüllung verführt den Menschen manchmal. Zuwenig Enthüllung oder zuviel Bedeckung.
Wenn man daher nach etwas auf die Suche geht oder nach der Wahrheit, spirituell, sozial, philosophisch, grabe man dann so lange, bis man zum Quell kommt.
Man suche selbst auf dem Grund der Quelle, denn was durch das menschliche Denken, die menschlichen Emotionen und die menschlichen Hände gegangen ist, wird immer verformt.
Auch die eigene Behandlung der gefundenen Wahrheit erfährt dies.
Man tränkt sie in das Bittere, oder in das Süße, oder in das Saure und stärkt sie durch das Salzige, oder begeistert sie durch das Heiße.
Dies ist nicht falsch oder schlecht, wenn nur die Wahrheit bestehen bleibt. Der einzige unverzeihliche Fehler, den man begehen kann, ist der, sie durch Lügen zu ersetzen.
Möge man daher den Mut besitzen, die Wahrheit zu erkennen, damit sie leben und der Mensch wachsen kann.
Denn die Absicht des suchenden Menschen ist doch: Wachstum!
Und das, was wächst, wendet sich immer zum Himmel.