Die Natur, unser Vorbild?

"Die Natur betrügt uns nie, wir betrügen uns immer selbst."

Rousseau


In fast allen Sekten und Religionen versucht man, den Mitmenschen nach seinen eigenen Einsichten zu formen. 

Was man bekehren und erziehen, reformieren und beschützen nennt, ist fast immer eine Bemühung, jemanden so zu machen, wie man selbst ist. 

Das ist völlig unnatürlich und unintelligent. 

Das Umformen erreicht nur die Außenseite, denn das, was die Natur eingeboren hat, verlieren wir nicht. 

Mutter Natur erfüllt die Biene mit Sehnsucht nach Honig und der Hund bellt auch dann, wenn er sich unter Löwen befindet. 

Kurzum, jedes Geschöpf lebt nach den ihm eingegebenen Instinkten. 

Man kann aus einem natürlichen Geschöpf kein göttliches Geschöpf machen, es bleibt immer nur zum Teil. 

Das Ego folgt instinktiv der Natur, die übernatürliche Seele verlangt weiter nach dem Übernatürlichen. 

Die Verformungen können es vorübergehend behindern, aber ausrotten können sie es nicht. 

Es ist ein intellektueller Irrtum, die Natur und ihre Macht geringzuschätzen. 

Zahllose Religionen, Sekten, okkulte Bewegungen, beweisen durch diese Geringschätzung ihre intellektuelle Einseitigkeit. 

Und da das Göttliche oder das Heilige nicht vom Intellekt zu erreichen ist, kann man sich schnell über die betreffenden religiös-okkulten Bewegungen ein Urteil bilden. 

Es geht nur darum: Was sucht man? 

Mystische Befriedigung, intellektuelle Kompensation, oder das Stillen des Seelenhungers? 

Es ist eine Tragödie, daß sich der Mensch hat dermaßen umformen lassen. 

Die Schale rund um seine Seele ist derart dick geworden, daß er große Anstrengungen unternehmen muß, um zum Kern seines natürlichen und geistigen Wesens durchdringen zu können. 

Nicht die Seele ist unsere Tragödie oder unser Ego, sondern die Verformungen, denen wir uns übergeben haben. 

Warum tun wir das?  

Aus innerem Zweifel, aus Ehrsucht, aus Konservatismus? 

Wer pflanzte in uns ein, daß wir "schlecht, sündig, zu natürlich oder zu dumm" seien? 

Was ist schlecht oder sündig? 

Häufig das Natürliche, wie die Kirchen sagten. 

Was ist dumm? 

Häufig unser Unverständnis komplizierten Lehren gegenüber, wie die Esoteriker, die Okkultisten und die Philosophen sagten. 

Stellen wir eines fest: die Natur ist nicht intelligent, sie ist instinktiv. 

Was sie tut, tut sie gesetzmäßig, und Gesetzmäßigkeit ist das Festhalten an Regeln, die aus dem Unterbewußtsein oder von oben herab festgelegt wurden. 

Das Gesetz ist eine Sammlung von Regeln, die von Menschen erdacht wurden. 

Das große kosmische Gesetz hat Regeln, die im Urbeginn dem universellen Gehirn eines Schöpfers entsprossen sind. 

Die Natur ist absolut nicht ohne Gesetze, noch ist sie gesetz-widrig. 

Die Suche nach diesem Grundgesetz schenkte den Alchemisten ihre Einsichten. 

Denn kein Gesetz ist so zweckmäßig wie das kosmische Gesetz, das sich in der Natur beweist. 

Das Gesetz der Wiederherstellung ist der Natur eingeboren, genauso wie uns, den Geschöpfen der Natur, aber es sind die Umgestalter, die menschlichen Verbesserer und Besserwisser, die dieses Gesetz unwiederbringlich verstümmeln. 

Eigenwilligkeit ist keine natürliche Eigenschaft, sie ist eine verstümmelte Eigenschaft mißformter menschlicher Geschöpfe. 

Und so können wir noch viele Eigenschaften nennen, die im Laufe der vielen Neu- und Umgestaltungen entstanden sind. 

Es sind Eigenschaften, die uns in dieser Zeit der Umweltdestruktion aufbrechen. 

Denn die Neuformung, zurück zu einem natürlichen Geschöpf, ist mühsam und verläuft langsam. 

Es ist die Natur, die uns als Vorbild dienen kann, sowohl in dem Natürlichen als auch in dem Geistigen. 

Der Drang zum Verformen, oft zum Mißbilden, ist in einem natürlichen Verhältnis undenkbar. 

Die Mißbildungen in der Natur haben alle einen menschlichen Einfluß als Ursache. 

Die Natur irrt sich nicht, kann aber aus dem Gleichgewicht geraten. 

Haben denn wir selbst, als natürliche Geschöpfe, nicht völlig das Gleichgewicht verloren? 

Das Geistige und das Natürliche berühren sich, wenn die Natur den Höhepunkt ihres Könnens erreicht hat und sich weg-schmelzen läßt in das Geistige. 

Niemand und nichts kann weiter gehen als bis zu seinem Gipfel. 

Auf diesem Gipfel geschehen dann Dinge, vor welchen z.B. der Club von Rom warnt. 

Das Gute hat seinen Gipfel, das Böse hat seinen Gipfel, und dann kommt eine andere Sphäre, eine andere Schwingungswelt, oder ein unwiderrufliches Zurückfallen. 

Es ist dieses Zurückfallen, das augenblicklich Sorgen bereitet. 

Denn ein Zurückfallen bedeutet: völlige Verwüstung und einen nochmaligen - nicht einen neuen -, sondern einen nochmaligen Beginn. 

Wir, als Menschheit, haben fast den Gipfel unseres Könnens erreicht, einen Gipfel, den die Natur, das kosmische Gesetz, uns zugesteht. 

Darin sind die Experimente auf dem genetischen, nuklearen und sozialen Gebiet inbegriffen. 

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was sich hinter den Kulissen der Laboratorien abspielt. 

Wenn Sie über die Versuche auf dem laufenden sind, sind Sie über die Experimente orientiert. 

Die Natur hat natürliche Grenzen. 

Jedes Tier hat seine natürlichen Grenzen. 

Jede Pflanze hat sie und jedes Mineral. 

Die natürlichen Grenzen stehen in direkter Verbindung mit den natürlichen Verhältnissen. 

Das Überschreiten der Grenze, auf welchem Gebiet auch immer, ist ausschließlich die Folge einer natürlichen Destruktion. 

Diese Destruktion kann sich auch auf der unsichtbaren natürlichen Ebene fortsetzen, dem ätherischen Gebiet. 

Es ist ein Kennzeichen unserer Zeit, daß mit dem Wiederentdecken der unsichtbaren natürlichen Möglichkeiten auch dort eine Destruktion entstehen kann.

Da, wo der Mensch Hand anlegt zur Mehrung seines eigenen Ruhms und Gewinns, hat die Mißbildung bereits begonnen. 

Das positive Beispiel der Natur zieht positive Menschen an, d.h. konstruktive Menschen. 

In der Natur sind zwei Seiten vertreten: Aufbau und Abbruch, Yang und Yin, aber Gut und Böse gibt es nicht. 

Das Gut und Böse befindet sich im menschlichen Gehirn. 

Das Böse ist eine Mißbildung des Guten. 

Es ist eine Mißbildung, die entstanden ist durch das Umformen oder gar Umgestalten, verursacht durch menschliche, intellektuelle Beeinflussung. 

Das rein Instinktive ist nämlich nicht böse, sondern für den übernatürlichen Menschen höchstens primitiv. 

Das Primitive ist wie der erste natürliche Schritt: eine unkomplizierte Begegnung zwischen Wasser und Feuer. 

Andere Elemente sind noch nicht hinzugekommen. 

Je verfeinerter die Natur oder das natürliche Geschöpf wird, desto mehr chemische Elemente nehmen an ihrem Lebensprozeß teil. 

Es ist somit verständlich, daß der Gipfel eines natürlichen Erreichens ebenfalls beinhaltet, daß hier die Rede ist von vielerlei chemischen Elementen und ihrem Zusammenspiel, was dann wieder die Basis bildet für die Übernahme der spirituellen chemischen Elemente. 

Die Natur kennt keine Sprünge, der Geist ebensowenig. 

Für jeden neuen Schritt, selbst für jeden großen Schritt, gibt es eine Basis, ein Sprungbrett. 

Ein Überspringen ist unmöglich. 

Jeder Physiker wird das bestätigen können. 

Was wohl möglich ist, ist das Überraschungselement. 

Ein Überraschungselement, das auftreten kann in einer vielleicht vorübergehenden Situation. 

Das ist z.B. Satori, oder Ekstase, oder Erleuchtung. 

Es ist die Überraschung, die das Gesetzmäßige durchbricht. 

Während der Überraschung kann man eine Einsicht erhalten, aber immer fällt man wieder zurück auf das Gesetzmäßige, nur handelt es sich dann um eine höhere Gesetzmäßigkeit. 

Das kosmische Urgesetz kennt keine Toleranz, wohl aber einen Durchbruch, einen Durchbruch von dem einen Gesetz zu dem anderen Gesetz. 

Auf Erden kennen wir nämlich das höchste kosmische Gesetz kaum. 

Das Höchste was wir sehen, ist die Wirksamkeit der Natur. 

Solange wir natürliche Geschöpfe sind, erkennen wir das höchste kosmische Gesetz nicht, machen wir uns Sorgen über vielerlei Dinge und haben keine Ahnung, daß das kosmische Gesetz in allen Situationen Abhilfe schafft. 

Höchstens in unseren Aha-Erfahrungen erhalten wir einen kleinen Einblick in das höhere Gesetz. Dies müßte dann alle Angst und Sorge von uns nehmen. 

Daß dies kaum geschieht, beweist, daß wir zurückfallen ohne eine eingreifende Erinnerung. 

Die Natur hat eine unfehlbare Erinnerung. 

Diese könnte der Mensch ebenfalls besitzen, wenn da nicht die Miß- und Umbildungen wären. 

Uns fehlt die natürliche wie auch die geistige Erinnerung, obwohl sie als eingeborenes Urgesetz in uns liegen. 

Unser erstickender Deckmantel von sozialen, religiösen und esoterischen Mißbildungen behindert uns, hindurchzudringen zu dem Quell der wahrheitsgetreuen Warnungen. 

Darum wiederholen wir unsere Fehler, darum wiederholen sie die Wissenschaft, die Religion, die Gesellschaft bis an ein verheerendes Ende. 

Die Natur stellt sich früher oder später wieder her, was der Mensch auch tun wird, nötigenfalls durch Destruktion, einem Herabfallen vom Gipfel. 

Alle in der Geschichte nachweisbaren Katastrophen der Erdteile sind die Folge eines Herabfallens von einem Gipfel. 

Die Rose z.B. ist ein schönes natürliches Geschöpf. Jeder Züchter wird versuchen, sie noch schöner zu machen und scheut kein einziges  Experiment. 

Der Mensch ist ein begabtes Naturprodukt, doch die Wissenschaft scheut kein einziges Experiment, um diesen Menschen begabter, funktioneller und fügsamer zu machen. 

Und dort, wo durch Mißbildungen Fehler in den Geschöpfen entstanden sind, sind wir dankbar, wenn sie die Wissenschaft nach ihren Erkenntnissen leidlich wiederherstellen kann. 

Aber erschafft sie jemals ein vollendetes natürliches Geschöpf? 

Gibt sie dem Menschen jemals seine vollkommenen natürlichen Funktionen wieder? 

Wo wir von Mißbildungen und Verformungen ausgehen, sind wir dankbar für eine teilweise Wiederherstellung. 

Unser Denkmuster, unser Ausgangspunkt, sind völlig falsch. 

Unsere Verbindung zu Natur und Geist ist völlig verformt, eingegeben von menschlichen Gesetzmäßigkeiten und Lehrsätzen. 

Jedes Geschöpf reicht bis zu seinem Gipfel, das ist ein Naturgesetz. 

Und dort, wo in solch einem Geschöpf ein überirdisches Prinzip vorhanden ist, kann es über diesen Gipfel hinaus in eine andere Welt eintreten, mit höheren Gesetzen, verfeinerten Verhältnissen, komplizierteren chemischen Verbindungen. 

Die Natur kennt das fundamentale Zusammenspiel. 

Nichts steht für sich selbst. 

Wenn der Mensch solch ein fundamentales Zusammenspiel in seinen sozialen Verbindungen anwenden würde, wäre es um die Welt anders bestellt. 

Was wir tun und was die Religionen, die Wissenschaft, allerlei Sekten und Kurse predigen, ist: das Zusammenspiel unterbrechen: sozial, organisch und somit auch geistig. 

Aus dieser suggestiven Infektion entstehen die Mißbildungen auf dem intellektuellen und gefühlsmäßigen Gebiet.  

Wenn z.B. in unserem Organismus das eine Mineral mit dem anderen Mineral nicht mehr zusammenarbeiten kann, entstehen Mißbildungen, Chaos. 

Wenn die eine Zelle versagt und die andere wuchert aus Protest, entsteht eine grandiose Mißbildung. 

Das einzige, das eine dauerhafte Lösung bietet ist: die Natur zum Vorbild nehmen. 

Jeder nähert sich der Natur durch seine eigene primitive, mittelmäßige oder verfeinerte Natur. 

Der verfeinerte natürliche Mensch wird höhere Gesetze erkennen als der primitive. 

Ersterer wird sich schneller vergeistigen als der zweite. 

Jede Vergeistigung ist jedoch abhängig von der Art des betreffenden Geschöpfes. 

Daher gibt es so viele verschiedene Vergeistigungen. 

Es gibt viele Qualitäten, und es ist möglich, ja sogar notwendig, daß jene, die geistige Qualitäten besitzen, das kosmische Zusammenspiel bekennen. 

Denn über die Grenze der Natur hinaus wird keine Unordnung, kein Egotrieb, keine Ausbeutung des Nächsten toleriert. 

Jemand, der auf solch einem Gipfel steht, fällt zurück, ohne Ansehen der Person. 

Und das bedeutet also: Destruktion, aufs neue beginnen. 

Es ist somit keine Rede von einer sich fortwährend verfeinernden Konstruktion, wie das für die Welt des Geistes kennzeichnend 

ist. 

Wenn der eine durch seine Art z.B. zur Liebe neigt, so kann der andere durch seine Art zur Geduld neigen. 

Geduld in ihrer verfeinerten Form berührt die Liebe und um0gekehrt. 

Kosmisch gesehen gibt es zwölf Arten von Qualitäten, die die eine allesumfassende geistige Kraft bilden. 

Wenn diese zwölf Qualitäten zusammenkommen, entsteht eine Kraftkugel, jenes Kraftzentrum, aus dem der Kosmos aufgebaut ist. 

Ein geistiger kosmischer Kern ist eine zwölffache Zelle, getrieben durch die geistige dreizehnte Qualität. 

Es ist eine unnennbare Qualität, die ausschließlich im Urquell des Kosmos vorhanden ist. Die dreizehnte Kraft ergreift oder beseelt die zwölffache geistige kosmische Zelle. 

Findet denn nicht das Natürliche seine Basis in der Zwölffältigkeit? 

Die Sublimation der Zwölf ist die Einheit der geistigen Zwölf. 

Wieviele Male wurde und wird diese Urkenntnis auf Erden nachgeahmt innerhalb der Gruppen und der Lehren? 

Aber es bleibt ein zwölffaches Chaos. 

Betrachten Sie nur einmal die zwölf zodiakalen Typen. 

Man lehrt sogar, daß sie Gegensätze sind und daher nicht zusammenleben oder zusammenarbeiten können. 

Das ist der fundamentale Denkfehler, inspiriert durch Verformung und Mißbildung. 

Auch hier wird es immer beweisbar sein, daß etwas, das ein Minimum an spiritueller Beseelung enthält, verbindet. 

Das Dreizehnte verbindet, vernichtet aber nicht. 

Es kann aufbrechen und wiederherstellen, aber vernichtet nie.

Das Dreizehnte ist heilig, lehrt der Osten. 

Das Dreizehnte stellt die Natur wieder her, stellt ihr kosmisches Gesetz wieder her, macht sie geeignet für ihren Zweck. 

Chemisch betrachtet besteht das Dreizehnte aus Wasserstoff, das empfänglich ist für Helium. 

Es ist eine verfeinerte Ausgabe der primitiven Wasser-Feuer-Verbindung. 

Letzteres führt zum Erlöschen, Ersteres zur Explosion und neuem Leben. 

Wir Menschen fürchten uns vor Explosionen, nicht wahr? 

Warum? 

Weil eine Explosion uns auf die Erde brachte und eine Explosion uns von der Erde entfernen wird. 

In beiden Fällen war und ist die Rede von einem neuen oder anderen Leben. 

Das ist es, was unsere Erinnerung uns noch beibringt. Nur wissen wir, verformte natürlich-geistige Geschöpfe, diese Erinnerung nicht mehr einzureihen. Daher unser irrendes und nicht zielstrebiges Suchen. Die Natur tut alles zielstrebig, denn ihre Erinnerung irrt sich nicht. 

Sich zu erinnern, ist eine Eigenschaft der Seele, sagte Pythagoras. 

Es ist eine Eigenschaft der Naturseele und der überirdischen Seele. 

Mögen unsere Erinnerungen uns wiederherstellen und uns vor allem befähigen in dem Zusammenspiel, dem Spiel der wiederhergestellten zwölf Kräfte, die die dreizehnte Kraft in ihrer Mitte willkommen heißen, damit diese dreizehnte Kraft eine neue Welt erschafft.

©1970-2013 Henk und Mia Leene