V. Ansprache

Zweiter Schlüssel 


Jeder Weise spricht von dem Feuer, das die subtilen und reinen Teile von den groben und irdischen Teilen trennen kann. 

Das Feuer ist für den spirituellen Kandidaten das unentbehrliche Element. 

Durch Feuer wird das Leben geweckt; Feuer ist nicht immer sichtbar, aber es ist eine Bewegung, die Wärme entstehen läßt, wodurch sich die Flamme entzündet. 

Diese Wärme-Bewegung entsteht, wenn sich zwei entgegengesetzte Elemente entgegentreten; zwischen dem positiven und dem negativen Element entsteht eine Hitze verursachende Bewegung, wodurch das Feuer hervorbricht. 

Gärung ist eine Feuertätigkeit; 

Einäscherung ist eine Feuertätigkeit; 

Geburt ist das Ergebnis eines Feuers. 

Das hermetische Feuer ist eine innere Gärung, durch die sich der Mensch für und durch den Geist erwärmt fühlt. 

Beseelung ist ein Feuer; 

Fanatismus ist ein Feuer; 

aber auch reine Spiritualität ist eine Feuertätigkeit. 

Sobald die Seele von dem Geist erwärmt wird, schlägt ein beseelendes Feuer durch den Menschen, aufgrund dessen er das Grobstoffliche von dem subtil Spirituellen trennt. 

Es ist unmöglich, einen spirituellen Weg unbeseelt zu erforschen. 

Spiritualität hat Beseelung nötig, und kann niemals in einem gesetzestreuen Pflichtgefühl bestehen. 

Pflichtgefühl weckt kein Seelenfeuer, weil der Geist fernbleibt. 

Der pflichttreueste Mensch braucht kein spiritueller Mensch zu sein, aber jeder spirituelle Mensch ist beseelt. 

Nicht durch Fanatismus für die eine oder andere Bewegung, sondern immer durch eine unausrottbare Liebe für jede spirituelle Aktivität. 

Solche Menschen können ohne Spiritualität nicht leben und förmliche religiöse Pflichterfüllungen genügen ihnen niemals. 

Dieser Mensch lebt in einem ständigen Konflikt mit seinem löwenartigen Raubtierwesen und versucht um jeden Preis, diesem Löwen seine Flügel anzulegen. 

Das feurige Wesen des Persönlichkeitslöwen lehnt sich gegen die Flügel von Intuition und Gewissen auf, weil es dadurch seine Löwenart verleugnen muß. 

Dennoch ist es dieser Löwe, der sich identifizieren muß mit 

der Taube der Weisheit und des Friedens; dem Pelikan des Opfers; 

und dem Phönix der Wiederauferstehung. 

Alle Spiritualität steht eigentlich in direktem Gegensatz zu den Denkmethoden des Löwen der Persönlichkeit, und dennoch wohnt in ihm die Möglichkeit, zu fliegen, um den Himmeln entgegenzueilen. 

Aus eigener Kraft wird dieser Löwe das niemals vermögen, sein Löwenfeuer bringt ihn niemals über den Dschungel des irdischen Kampfes hinaus, darum muß eine andere Feuerkraft vorhanden sein und hierin liegt das Geheimnis der hermetischen Kunst. 

Der Hermetische Weise spricht nicht über dieses geheimnisvolle Feuer, weil eine kleine intellektuelle, egozentrisch ausgerichtete Gärung genügt, um in dem Organismus des Menschen Schaden zu verursachen. 

Der okkulte, intellektuelle, willensstarke Mensch gebraucht sein Lebens- oder sexuelles Feuer, um den Geist zu zwingen, sich seiner Seele bekanntzumachen. 

Er gerät jedoch immer in einen Zustand sexueller, unnatürlicher Ekstase, die die Reinheit der Vereinigung von Seele und Geist nicht überträgt. 

Das ist der tragische Irrtum des größten Teiles der spirituellen Sucher. 

Der Persönlichkeitslöwe läßt sich von den Flügeln von Intuition und 

Gewissen tragen, die durch ein unsichtbares Feuer kräftig werden, das sich ausdrückt: 

in der Geduld, 

in der Sensitivität, 

in dem Durchschauen, 

in der Schärfe des Gehörs, 

in der Herrlichkeit des Denkens, 

in dem verfeinerten Geschmack des Blutes, 

und in dem wunderbaren Duft der Seele. 

Das Feuer der Weisen kann in Ihrem Blut wie eine Wärme sein, wodurch sich die Dinge um Sie herum zu verändern scheinen, wodurch Ihre Augen anders sehen und Ihr Fleisch für die feinsten Schwingungen empfindlich wird; es kann sich in der leichten Entflammbarkeit in Ihren Nerven ausdrücken, wodurch Sie niemals von Dritten irregeführt werden können und es kann sich in Ihrem Denken befinden als ein Licht, als ein Weitender.

Das Feuer der Weisen ist gleich dem "ES", im spirituellen Sinn - und dieses Feuer kann niemals gelöscht werden, wenn es der Mensch selbst nicht will. 

Durch dieses Feuer der Weisen, das nicht auflodert, noch verwundet, sondern erleuchtet, erwärmt und Leben schenkt, werden Sie ein anderer Mensch. 

Sie werden innerlich von dem grobstofflichen irdischen Menschen geschieden - Sie werden zwei in einem, durch das Wirken dieses Feuers. 

Ohne dieses Feuer gibt es keine zwei Wesen in einem, der zweite Mensch kommt höchtens einmal zu Besuch und verschwindet dann schnell wieder, aber durch dieses Feuer haben Sie einen festen Einwohner. 

Die Beseelung durch dieses Feuer der Weisen ist für den, der sie besitzt, unmöglich zu beschreiben, denn die Worte sind unzulänglich und der Zuhörer kann das Geheimnis niemals verstehen, wenn er nicht selbst dieses Feuer kennt. 

Das Fehlen dieses Feuers ist das fehlende Glied zwischen dem spirituellen und dem materiellen Menschen. 

Es gibt nichts, das Es ersetzen kann, weder Worte, noch gutgemeinte Bemühungen, noch Freundschaft, noch Pflichterfüllung. 

Dieses Feuer ist - wie Henoch sagt - der Geist Gottes in der Seele, der sich mit dem Wind oder mit den ätherischen Schwingungen vermischt, auf daß er das Wesen ganz und gar erwärme. 

In Ihrem Gebein brennt dieses Feuer in dem Knochenmark, wo es der Geduld der wiederholten Erneuerung Beständigkeit gibt; 

in dem Blick befindet sich dieses Feuer als der Blitz Gottes, wodurch der Blick eine unaussprechliche Sehärfe, Tiefe und Helligkeit empfängt; 

in der Haut befindet sich dieses Feuer als die Bewegung der ZeIlen, abbauend und aufbauend; 

in den Nerven befindet sich dieses Feuer als Schwingungen, feiner als die feinste Antenne; 

im Denken befindet sich dieses Feuer als eine übermenschliche Kraft, die imstande ist, helI zu machen, was dunkel ist und zu durchschauen, was Finsternis ist. 

In der Seele ist es ein Brennen, eine Zermalmung oder Einäscherung, das die letzten Reste des Löwenwesens verbrennt und so den Duft der Götter absondert. 

Keine dieser Sieben Wirklichkeiten läßt sich von dem Willen ein Gesetz vorschreiben - sie sind angeboren, Teile der Seele, die sich entfalten, wenn sich die Flügel von Intuition und Gewissen erheben und den Löwenkörper von dem Boden aufheben. 

Es ist meisten so: Sie wollen, wie Sie meinen, aber Sie können nicht! 

Nun, weil Sie die richtigen Instrumente nicht gebrauchen, sondern Ihren Löwenkörper und Ihre Löwenkraft zwingen, göttlich und subtil zu werden, das ist wirklich widernatürlich. 

Das Feuer, das in Ihnen brennt, und mit dem Sie voller Begehren Ihr materielles Leben zu kultivieren, zu regeln und einzurichten versuchen, entsprechend dem Wunsche des Egos - wird niemals auf den Himmel gerichtet werden wollen und können, denn seine Interessen liegen dort nicht. 

Alle Methoden, dieses Feuer darauf zu konzentrieren, sind zeitweilige Zustände, vielleicht - für ein Leben, manchmal leider für mehrere Leben, damit das höhere Instrumentarium, die Flügel und die Weisheit von Pelikan, Phönix, Taube und Schwan vernichtend. 

Ein Mensch kann ein Leben lang Lehren zuhören und sie studieren, und dennoch kein einziges spirituelles Resultat buchen. 

Warum nicht? 

Weil ihm der grundsätzliche Bestandteil fehlt.  Er kann meditieren und sich selbst kasteien, er erreicht sein Ziel nicht.

Weil in seinem Denken das Feuer der Weisen fehlt, und er sich mit dem intellektuellen Feuer behilft. 

Das Feuer ist der große Irreführer und der große Verführer. 

Solange sich der Mensch unbeweglich hält, keinen Funken überspringen läßt, keine Beseelung besitzt, keine Reaktion zeigt, geschieht nichts. Die Begegnung zwischen dem Unten und dem Oben bringt die Entscheidung.

Wie auf der Erde das empfangende und das befruchtende Prinzip zusammen die Frucht hervorbringen. 

Solange der spirituelle Mensch NICHT wirklich auf den Blitz des Geistes, auf den Blick Gottes, der den Stein verändert, wartet - geschieht nichts.

Der Mensch muß empfangen und reagieren können. 

Seine Seele muß offen sein, sein Herz muß das Tor der Seele bilden - und dann kann es geschehen, in einem Augenblick! 

Aber wann sind wir offen? 

Wie häufig sind wir zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt? 

Die Sinne geschlossen, das Blut aufgepeitscht von der feurigen Jagd, und so vorangejagt auf Wegen, die immer im Nichts enden? 

Unser Feuer ist dann ein lodernder Trieb oder eine lodernde Begierde - und unser Wasser ist trübe und giftig infolge des Stillstands, unsere Luft treibt voran auf den Winden, oder ist wie ein wirbelnder Sturm in unserem Blut; und unsere Erde ist hart, halsstarrig, unerbittlich, taub. 

Unfruchtbare Erde, hastige Lüfte, begieriges und vernichtendes Feuer und modrige Gewässer sind keine Elemente, die die verträumte ätherische Feuer-Wasser-Kraft des Geistes empfangen können. Das Ego muß wollen, so sagten wir. 

Wenn dieses Ego will, stirbt der feurige Trieb, und damit vergißt der Löwe sein Raubtierwesen und ist bereit, sich die Flügel von Intuition und Gewissen anschnallen zu lassen. 

Denn die Sinne werden dann empfindsam, sie glauben an diese Flügel, wie sie vordem nicht an sie geglaubt hatten, als die Löwenkraft in ihnen loderte. 

Wenn der Geist oder das Feuer der Weisen in uns allen lebte, wäre es nicht schwer, in Harmonie miteinander zu leben - oder gemeinsam einen schweren Auftrag zu erfüllen. 

Das unbestimmte ES verbindet die Individuen. 

Viele auf dieser Erde können in Einheit kämpfen für ein sichtbares Ziel, ein Bauwerk, eine Überwindung, aber wieviele können in Einheit an einem unsichtbaren Ziel arbeiten, das sich prozeßmäßig in jedem Individuum beweisen wird? 

Wieviele sind bereit, sich für ein Wissen hinzugeben, das in dieser Welt nicht erkannt wird? 

Haben sie nicht allzu oft Angst davor sich selbst lächerlich zu machen? 

Und liegt nicht darin wieder die Ego-Angst, die Angst des Löwen, seine Flügel anzugürten, weil er meint, daß sie ihm nicht gehören, und weil er das Element der Himmel nicht kennt? 

Einer, der dieses Feuer der Weisen besitzt, kümmert sich nicht um Methoden, und zwingt sich nicht zu extremen Handlungen, er folgt seinem Weg - den Blick auf die Himmel gerichtet - und der Stein verändert sich von selbst durch den Blitz der Götter. 

Der Pfad ist NICHT schwierig, glauben Sie es doch! 

Er ist nur Ihrem irdisch eingestellten Denken entgegengesetzt. 

Darum meinen Sie, daß er schwer sei. 

Sie machen diesen Pfad schwer, dadurch, daß Sie das Irdische mit dem Himmlischen vermischen, bevor das Irdische dieses will oder dieses versteht. 

Das Irdische muß sich sublimieren, bis es imstande ist, sich auf den Flügeln zu erheben. 

Keine Kultivierung des Ichs, das ist eine äußerliche Formensache - 

nein, das Ego muß hören wollen und dadurch werden die Funken des Feuers Eingang finden, die Sinnesorgane erleuchtend und wiedererschaffend. 

Von innen heraus wird Ihr Verlangen kommen, als ein Fragen und als eine Beantwortung, als eine Wasser-Feuer-Bewegung. 

Man sagt wohl einmal, daß alles von dem Verlangen des Menschen abhänge, aber Verlangen allein genügt nicht, es muß zu der richtigen und vor allem entscheidenden Reaktion kommen. 

Millionen Menschen verlangen, aber sie reagieren nicht auf den Ruf. 

Millionen von Menschen verlangen ununterbrochen, und weil sie aufgrund des irdisch gerichteten Feuers oder des trüben Wassers verlangen, begnügen sie sich mit einer Imitation des Rufes der Re-ligio Universalis. 

Viele sind Suchende, aber wieviele sind bereit, sich selbst zu verleugnen, um Intuition und Gewissen anzunehmen? 

Wieviele wählen den Weg eines Kompromisses? 

Wieviele vergießen Tränen über ihre bewußte Leugnung? 

Sie weigern sich, ihren Auftrag auszuführen, und sie wissen es! 

Wieviele kämpfen vergebens, nur weil sie ein Ego zwingen, das eigentlich nicht will? 

Sie vergeuden ihre Energie - und ihr Weg endet immer in Bitterkeit und Enttäuschung, denn was sie finden wollen - was ihr Ego finden will - finden sie niemals. 

Dazu müssen sie umkehren und wiederum den breiten Weg gehen - dann finden sie Befriedigung, und es wird sich schon immer ein Mittel finden lassen, sich vor sich selbst zu entschuldigen oder sich selbst darin zu vergessen. 

Der Weg ist nur für jenen schmal und streng, der seine Flügel umgürtet, aber dieser Mensch bemerkt die Strenge und das Schmale des Weges nicht - weil er seinen Blick darauf nicht richtet - sondern ihn auf den Stern am Himmel heftet, den Stern der Weisen. 

Er läßt sich von den Flügeln führen, und diese werden ihn dorthin bringen, wohin er hofft: in das Land der Erinnerung, von dem der Schwan der reinen Seele auf den Wassern träumte; für das die Taube so mutig um ihre Nahrung kämpfte; für das der Pelikan sein Herzblut gab und von dem der Phönix singt, wenn er aus der Asche aufersteht! 


In dem Land meiner Erinnerung ist das Licht, Herr! 

Dorthin lenke meinen Flug! 






VI. Ansprache 


Dritter Schlüssel 


Das Feuer ist ein unentbehrliches Element, aber es muß sich in dem Wasser-Element beweisen. 

Die Inspiration des Geistes muß durch die Seele - das Wasser - hindurchbrechen, um das überirdische Feuer-Wasser-Element freizumachen, 

das einen göttlichen Körper aufbauen kann. 

Dies ist eine hermetische Terminologie, und sie scheint sehr intellektuell und weit hergeholt. 

Wenn wir jedoch sagen, daß die Inspiration die Seele in Bewegung bringen muß, wodurch der Körper dieser drängenden Intuition Folge leistet, dann ist dies eine Erfahrung, die wir vielleicht alle einmal gemacht haben. 

Ein fortwährender beseelender innerer Zustand arbeitet an dem Aufbau einer vollkommenen Veränderung, die sich in den Sinnesorganen und in den körperlichen Organen ausdrückt. 

Der dritte Schlüssel ist die einfache Vermischung von Seele und Geist, Wasser und Feuer, wodurch sich die Erde - der Körper - mitbewegt und so, wie die Alchemisten sagen, zu einer ölartigen Substanz wird, 

eine Zusammensetzung von Seele (Wasser) und Erde (Körper). 

Daß man den Pfad der Erlösung hinter alchemischen Formeln verbarg, 

hatte natürlich sehr triftige Gründe. 

Der Erlösungspfad der Seele steht den Absichten des verbrecherischen und gefallenen Lichtsohnes haargenau entgegen. 

Im Laufe von Jahrhunderten wurde ein weltumspannendes Komplott gegen die zurückkehrende Seele geschmiedet - wodurch gutwillige, verlangende Seelen entmutigt und enttäuscht ihr Suchen abbrachen. 

Der dritte Hermetische Schlüssel besteht in der erwachenden Seelen-Intuition, die wie ein unirdisches Feuer-Wasser-Element in das Blut schlägt und dadurch das Wesen, die Persönlichkeit mitbewegen läßt. 

Es ist hier keine Rede mehr von einem Ego-Widerstand, denn das Ego wurde überschattet, von der Intuition überflügelt. 

In dem Augenblick hebt der starke Flügel der Intuition, der ebenfalls den Flügel des Urwissens berührt, das Ego vom Boden - darum sagt man: 

die Erde wird öl-artig; die halsstarrige, felsartige saturnale Natur wird geschmeidiger, beginnt mitzubewegen.  

Wenn Sie fühlen, daß Sie sich mit Ihrer Intuition und dem Urwissen mitbewegen, halten Sie den dritten Schlüssel in der Hand. 

Wir besitzen alle Schlüssel, um die Pforten zu den Himmeln zu öffnen, und manchmal spielen wir mit einigen oder wir bemerken, daß sich eine Pforte öffnet, bevor wir jedoch von der Weisheit hinter der Pforte Gebrauch machen konnten, schließt diese sich wieder vor uns, und wir stehen wiederum in der Dunkelheit. 

Das Ego, das nicht will, kann nur für einen Augenblick von Intuition und Gewissen überrumpelt werden, weil das Denken, als Luft-Element, 

mitgeführt wird.  Aber nach einem solchen Augenblick fällt der Mensch wiederum nieder wie Ikarus, und er kann aufs neue beginnen, seine Flügel zu reparieren. 

Wir sind Ikarusse, träumend von den Himmeln, unsere Flügel anlegend, wenn wir diesen Himmel als eine Wirklichkeit in uns erkennen - auf den termischen Winden aufsteigend - aber eigentlich nicht vorbereitet, um die Hitze und das Licht der Geistsonne zu ertragen. 

Während unseres Aufsteigens fühlen wir uns glücklich, unser Denken wird durchweht von dem Wind der Himmel, unsere Seele badet sich in dem Duft des Lotus und unser Herz ist weit geöffnet für die Urerinnerung, die wie ein sicheres Wissen das ganze Wesen erfüllt. 

Aber dieser Zustand ist kein bleibender, weil das Ego nicht bewußt mitarbeitet, es wurde von jener "kleinen" Kraft emporgehoben, die alles überwinden kann. 

Bis es sich diese Überrumpelung vergegenwärtigt, und dann füllt es sein Denken mit der eigenen Luft, die Ego-Schwingung und die Ego-Vernunft stehen auf - das Herz verliert den Glauben und das Wissen und so ist der Fall wiederum eine Tatsache. 

Nur die Erinnerung bleibt bestenfalls. 

Ist eine solche Erinnerung lebendig, dann versucht es die Seele erneut, stellt sie ihre Flügel wiederum her und der Mensch geht auf seinem Pfad weiter. 

Aber das Leben ist voller Wechselfälle, voller Ereignisse, und eine Erinnerung kann sterben - Sie wissen es. 

Immer schwächer wird die Erinnerung, wodurch Intuition und Gewissen zu einem Flüstern werden und der schwarze Rabe von Saturnus wiederum den Mut findet, der Taube des Friedens und der Weisheit ihre Nahrung zu nehmen. 

Wie stark ist Ihre Erinnerung an eine innere Berührung - an das Gefühl des Glücks oder die Bewegtheit der Seele? 

Müssen diese nicht immer wieder aufs neue in Ihnen geweckt werden? 

Auf daß Sie den Mut finden, weiterzugehen? 

Lassen wir nicht jeden Schlüssel immer wieder fallen und vergeuden viel Zeit damit, ihn in dem Sand der Wüste zu suchen? 

Es ist uns eigentlich nichts Neues zu sagen - jemand, der eine hermetische Weisheit studiert und vor allem innerlich begreift, kann nicht erwarten, etwas wirklich Neues zu vernehmen. 

Alles war und ist schon in ihm seit undenklichen Zeiten. 

Höchstens kann ein Lichtstrahl mehr Einsicht bringen. 

Aber - und das gilt für fast alle spirituellen Sucher - das Wissen, vollkommen und deutlich, ist IN ihnen. 

Doch sind sie sich dessen nicht bewußt. 

Es herrscht nur ein Kampf zwischen dem Annehmen dieses Wissens und dem Abweisen dieses Wissens. 

Wir sind uns häufig unseres inneren Wissens noch nicht bewußt, aber gibt es einen unter uns, der NICHT weiß, daß ein Weg von Intuition und Gewissen eigentlich die Auflösung aller spirituellen Probleme schenken würde? 

So einfach ist es. 

Alle Problematik, jede Todsünde kann vernichtet werden, wenn der Mensch Intuition und Gewissen folgt. 

Die Intuition ist die reine, beseelende Wasser-Feuer-Bewegung , die im Blut

verankert liegt - das Gewissen ist die Urkenntnis, die in der Seele verborgen liegt und auf die Bewegung der Intuition hin erwacht. 

Ein spiritueller, aufrichtig und ernsthaft suchender Mensch weiß intuitiv, wann er verkehrt handelt. 

Das nun ist die einzigartige Kombination: WEISS INTUITIV, die zweifache Gabe der Seele, wann er seinen Auftrag verrät. 

Wir sind Experten im Negieren dieses intuitiven Wissens. 

Und wir sind gewandt im Ausdenken von Ausreden, um uns selbst zu entschuldigen. 

Aber lieber Leser, Sie wissen doch, was Sie tun und was Sie nicht tun können? 

Sie kennen doch Ihre destruktiven Gedanken und Sie kennen doch Ihre aufbauenden Gedanken. Sie tragen eine Kenntnis, die nicht aus Ihrem Gehirn kommt. 

Diese angeborene Kenntnis kann Ihre Handlungen, Ihre Reaktionen kontrollieren, aber Sie wollen es nicht: das Ergebnis könnte so enttäuschend sein. 

Wir haben spirituelle Injektionen nötig, urn wach zu bleiben, wach in unseren Sinnesorganen, sodaß wir die Stimmen von Intuition und Gewissen erkennen können. 

Wir hören und wir sehen - 

wir fühlen und wir warten ab - 

wir träumen und wir schmecken - 

und schließlich erkennen wir die ätherischen Düfte der Spiritualität - aber dies alles tun wir nur oberflächlich, wir dringen durch die äußerlichen Fassaden nicht hindurch. 

Unser Ego wendet sich, während wir diese spirituellen Sinnesorgane anwenden, ab, und darum herrscht keine Einheit: die Erde bewegt sich nicht mit, Saturnus will der Seele die Wache NICHT übergeben, er liebt seine Position. 

Unterscheidungsvermögen liegt in dem Blut verankert, als eine Gabe, eine der Sieben Wirklichkeiten. 

Wieviele besitzen eine solche Gabe? 

Wieviele können hören bis in die Seele? 

Und ferner: Wieviele können mitbewegen, wenn sie wissen, wo die Wahrheit liegt? 

Wieviele sind imstande, einen Augenblick lang ihre eigenen Interessen zu vergessen? 

Jetzt und in diesem Augenblick und morgen? 

Wenn Wasser und Feuer, Seele und Geist die Intuition und das Urwissen übertragen, vergessen Sie Ihre Interessen, Ihre kleinen, erbärmlichen egozentrischen Interessen, denn in einem solchen Augenblick fliegen Sie den Himmeln entgegen. 

Das heißt nun, den Löwencharakter zu vergessen und dem Löwen die Flügel anzulegen, so daß er vergißt, daß er ein Raubtier des Dschungels ist. 

Man muß sich selbst vollkommen vergessen und dadurch verläßt der Charakter Sie (Sie verlieren Ihr Wesen), Sie durchbrechen in einem solchen Augenblick den zodiakalen Bann. 

Sie können es - es gibt Augenblicke, in denen Sie es gekonnt haben, aber Ihr Gehirn glaubte nicht ständig daran, und Ihr Herz fürchtet sich - das sind die Ursachen des Falls. 

Das Herz und das Gehirn des Egos übergeben sich nicht, weil sie Angst haben, den Boden - die Erde - unter ihren Füßen zu verlieren. 

Diese müßten hier - auf der Erde - Flügel sein für die Idealisten, die religiösen Lichtsöhne. 

Jeder Idealismus ist ein Abbild des Himmelsfluges der Lichtsöhne. 

Idealismus ist eine Äußerung von Heimweh; darum verachten steinharte Materialisten den Idealisten. 

Er glaubt an Dinge, die unmöglich sind, Luftschlösser. 

Ein Löwe, der fliegen kann. 

Spüren Sie es? 

In unserer materialistischen Zeit wird der Idealismus aus Not geboren.  Die materiellen Erfolge erweisen sich als phantasielos, glanzlos und vor allem inhaltslos. 

Ein hochmütiger, widerspenstiger Lichtsohn kann und darf an einen Erlösungspfad nicht glauben, denn das würde sein eigenes Todesurteil bedeuten, und darum projiziert er seinen Idealismus, sein Heimweh in den Stoff. 

Er erbaut stoffliche Projekte, so wie der Sohn der Re-ligio spirituelle Projekte verwirklicht, in sich selbst. 

Der spirituelle Idealist, er, der die erneute Verbindung, die Re-ligio wiederbeleben will, hat keine äußerlichen Beweise nötig - er findet stets eine Bestätigung in der Anwesenheit des Schlüssels, der für ihn die Pforten öffnet. 

Darum bewahrt der Weise - wie der Alchemist sagt - das stille Schweigen, wenn man ihn nach der Auflösung fragt, und spricht er zu seinen Schülern in Symbolen. 

Er will das große Geheimnis nicht entweihen, und seinesgleichen verstehen ihn - es gibt für sie keine Verborgenheit. 

Wenn Sie sich, in einer spirituellen Beseelung, selbst vergessen, wie könnten Sie dies jemals mit Worten anderen erzählen, ohne daß Sie selbst das Gefühl haben, Ihr inneres Wunder ins Profane zu ziehen? 

Dieses Wunder kann nicht übertragen werden, es herrscht zwischen gleichen oder es bleibt verborgen in dem Individuum. 

Königlichkeit ist die Gabe des Individuums, und wie sollte er diese einem Mitmenschen übertragen können? 

Die Königlichen beweisen sich gegenseitig, und sie erkennen einander, und sie stehen einander bei - das ist ein ungeschriebenes und unausgesprochenes Gesetz. 

Sie lassen sich niemals durch Grenzen behindern, noch durch Autoritäten, sondern sie gehen dorthin, wohin ihre Flügel sie führen. 

Und einzig und allein sie selbst und ihresgleichen verstehen das Wie und das Warum. 

Jede Interpretation bedeutet dann, ein Mißverständnis zu schaffen. 

Wer dem Gott des Lebens dient, dient niemals dem Tod, oder dem Abbrechen, oder der Finsternis: denn Licht ist Leben. 

Man kann für einen Augenblick geblendet sein, seine Spur verlieren, aber dann wartet er wie die fünf klugen Jungfrauen mit dem Öl der Geduld in seinem Gebein, bis er die Schritte des Bräutigams näherkommen hört. 

Er hört mit einer der Sieben Wirklichkeiten: mit seinem Fleisch; die Schwingungen des nahenden Bräutigams dringen durch seine Haut und erreichen Herz und Seele. 

Herz und Seele hören und wissen! 

Dann findet er seinen Weg wieder, und mit der brennenden Lampe in der Hand bahnt er sich einen Weg durch die Nacht des Reifens und der Prüfung. 

Denn es ist keine Nacht so dunkel, daß nicht eine Aurora folgte. 

Wenn Sie nur das ÖI der Geduld überlegt und mit Einsicht gebrauchen. 

Dann wird Ihre Lampe brennend bleiben, bis die Aurora des Tagesanbruchs ihre Aufgabe übernimmt. 

Der gläubige und idealistische Lichtsohn kennt diese Gewißheit. 

Mögen Sie dadurch für immer beseelt werden!

©1970-2013 Henk und Mia Leene