Ohne daß wir uns in die Bahnen der Intellektualität begeben wollen, möchten wir allen, die sich für einen spirituellen Weg interessieren, die Methode darlegen, der die alten Ägypter, von Hermes Tresmegistos inspiriert, folgten.
Hermes Tresmegistos wird als der Quell aller alchemischen Weisheit angesehen, als der Meister der Gnosis, der Vater des Wortes.
Man setzt ihn mit dem ägyptischen Thot gleich und bis auf den heutigen Tag ist man sich über sein historisches irdisches Bestehen nicht im klaren.
Wir neigen dazu, ihn in die Gruppe der Lichtsöhne einzuordnen, die der Sage nach auf die Erde niederstiegen und die Menschen in vielerlei Zweigen des Wissens unterwiesen, darunter auch in das Geheimnis der Seelenbindung mit dem göttlichen Licht.
Für uns ist kein einziges Land die Wiege der Gnosis oder der Alchemie, die Heimat der inneren Weisheit ist nur die individuelle Seele - aus Gott geboren - in Chrestos untergegangen - und durch den Geist der Auferstehung wiedergeboren.
Diese dreifache Verwirklichung taucht in den Lehren aller Zeiten auf, und sie läßt sich weder in dem einen noch dem anderen Dogma, noch in irgendeiner Landesreligion gefangennehmen.
Hermes Tresmegistos war einer der Lichtsöhne, von denen jeder Seelen unterwiesen hat, und deren Schüler über die ganze Erde verbreitet sind; aus ihnen wurden die großen Botschafter geboren, wurden und werden die führenden Menschen geboren, die die Mitmenschen auf die eine oder andere Weise inspirieren.
Man kann nicht sagen, daß alle Lichtsöhne die Erde-Menschen zur Göttlichkeit anregen, aber der Funke ihres gefallenen Lichtes setzte sich in einigen ihrer Anhänger fort.
Aus diesem Erbe kommt die Unzufriedenheit des spirituellen Menschen.
Die Ursache der Gespaltenheit des menschlichen Wesens liegt bei den Lichtsöhnen.
Dieser Mensch sucht und sucht - und er hört nicht eher auf, als bis er den Bronn der Weisheit selbst gefunden hat - dieser kann sich dicht neben ihm befinden, oder auch in ihm, in den Lehren, die er studiert, oder in den Gesprächen, die er führt.
Aber solch ein Mensch dringt immer weiter vor, er irrt nicht umher, wie man es bei so vielen Suchern sehen kann - auf einer horizontalen, intellektuellen oder mystischen Ebene.
Solch ein Mensch räumt Barrikaden beiseite, und sein Denkland wird immer weiter und leuchtender.
Der Mensch ist seit undenklichen Zeiten damit beschäftigt - manchmal mit der besten Absicht - zwischen sich und dem Urbronn Barrikaden
aufzurichten.
Dieses Errichten von Barrikaden ist die Folge seiner falschen Suchermethoden, denn er geht nicht von seinem Seelenverlangen aus.
Jeder Mensch besitzt ein suchendes Element - dies ist die Folge seiner Fremdlingsschaft auf Erden, und darum ist es nicht selbstverständlich, daß jeder Sucher zwangsläufig ein spiritueller Mensch sein muß.
Die Darstellungen auf den Wänden des Tempels von Memphis wurden später zu den uns heute bekannten Tarotkarten, aber einstmals waren es Einweihungsdarstellungen gemäß der Lehre von Thot oder von Hermes Tresmegistos; und die Priester benutzten sie für die Unterweisung des Neophyten während seines Beschreitens des Rückweges zum Licht oder zu Gott.
Diese Zeichnungen wurden von den Priestern, wegen der Verfolgungen, kopiert und auf ihre Flucht mitgenommen; unter ihnen waren Zigeuner, ein Volk von Nomaden, mit einem sehr alten Wissen begabt, die bis auf den heutigen Tag ein Wissen über Astrosophie und Kartenkunde besitzen.
Die Priester, die im Besitz der Kopien waren, waren nicht alle Heilige. In Notzeiten muß der Mensch beweisen, wer er ist, und das müssen auch die Priester; und unter ihnen wird es bestimmt solche gegeben haben, die ihre Kenntnis zu eigenem Vorteil anwendeten; die versuchten, sich mit Hilfe ihrer Macht freizukämpfen.
Geht es nicht bei allen Verfolgungen auf die gleiche Weise zu?
Unter den Manichäern fand man die Verräter, unter den Druiden gab es die Überläufer, aber auch die Schwachen, unter den Katharern fand man sie ebenso und so auch unter den Gnostikern und den Alchemisten, unter den Ketzern und den späteren Christen.
Ein Mensch bleibt ein Mensch, und die Umstände zwingen ihn zu bekennen, wer er ist.
Dies geschieht jedoch vor allem mit jenen, die die Möglichkeit in sich haben, eine Prüfung zu durchstehen.
Unterschätzen Sie niemals die Zuspitzung der Umstände - meinen Sie nicht, daß Sie gestraft werden, weil Sie geprüft werden?
Das Gegenteil ist häufig der Fall.
Der Tarot oder die Lehre von Hermes war für den von den Priestern ausgewählten Neophyten bestimmt.
Zu jener Zeit gab es jedoch noch eine ursprüngliche Priesterschaft und eine ernsthafte Neophytenschaft.
Die Dekadenz, die Popularisierung und die Verwässerung der tiefen Werte des Lebens waren noch nicht so weit fortgeschritten wie in unserer heutigen Zeit.
Wenn ein Priester jemanden für den Pfad der Einweihung auserwählte,
dann bürgte er mit seinem Leben für das Gelingen des Neophyten.
Man kann dies in den Schriften der Essener und der Katharer nachlesen. Alle alten Einweihungszeremonien waren strenger, prinzipieller, und man kann wohl sagen, zielstrebiger als heute.
Im Laufe der Zeit wurde das Gold der Einweihungsgeheimnisse zum Flittergold äußerlicher Zeremonien.
Obwohl wir den Hermetischen Tarot ausführlich behandeln wollen, so daß Sie daraus vielleicht persönlichen Nutzen für Ihren inneren Reifungsprozeß finden können, möchten wir doch ausdrücklich betonen, daß wir uns von jeder Tarot-Wahrsagerei distanzieren, von jener des Mittelalters bis zu der in der heutigen Zeit.
Es gibt KEIN Tarotspiel mit einem gnostischen Einweihungsgrad - es gibt nur 22 hermetische Darstellungen, die man heute die Großen Arcana nennt, die von sehr einfacher Ausführung sind, und die nur ein Gnostiker lesen kann, der die hermetische Lehre kennt.
Wir wollen keineswegs behaupten, daß wir genügend innere Kenntnis haben, um eine vollkommene Wiedergabe der unergründlichen Tiefen der hermetischen Abbildungen geben zu können, aber wir glauben, daß wir in der Lage sind, die Weisheit von Hermes in einer Form wiederzugeben, die der ursprünglichen Absicht sehr nahekommt.
Wir sind an keine dogmatische Lehre gebunden, noch an die Gesetze der Astrologie, noch an irgendein anderes Gesetz von Geheimhaltung und Gelöbnis; nur die innere Übereinstimmung zwischen der uralten hermetischen Anschauungsweise und der unsrigen schenkt uns die Möglichkeit, in die Bilder von Memphis so einzudringen, wie es vor uns noch niemals geschehen ist.
Alle Literatur gibt nur einen Aspekt wieder, und die, die sich ausschließlich auf den mittelalterlichen Tarot gründen, geraten immer in die Sackgasse der Kartenauslegung.
Der mittelalterliche Tarot ist der Tarot der Kirchenväter, geprägt durch ihre Ansichten und ihrer Verdammung jeglicher gnostischen Lehre.
Später wurden zu diesem mittelalterlichen Tarot okkukte Symbole hinzugefügt, und noch später kabbalistische Elemente, und so ist der Tarot augenblicklich zu einem Mischmasch von allen möglichen Strömungen ausgewachsen.
Jede Strömung drückte ihm ihren Stempel auf.
Sie können in diesem Zusammenhang einmal den französischen, den englischen und den ägyptischen Tarot miteinander vergleichen, die Landesart ist deutlich erkennbar.
Untrennbar mit dem Tarot verbunden ist jedoch die Form - die Ziffer und der Buchstabe.
Die Form ist die älteste Art der Übertragung; Hermes ist einer der Botschafter, die damit begannen, die göttliche Weisheit in einem Bilde festzulegen; bevor jedoch die Form war, war der Klang, das Wort, ein Wort, das noch nicht durch ein Zeichen wiedergegeben werden konnte, das jedoch später seine abbildliche Darstellung in einem Alphabet fand.
Auf jeder Karte begegnet man einem hebräischen Buchstaben, und obwohl wir an der Echtheit der Kombination von Karte und Schriftzeichen zweifeln, ist es doch interessant zu sehen, welches Bild zu welchem Wort in Beziehung gesetzt wurde.
Schließlich befindet sich dann noch über jeder Karte eine Ziffer - auch eine sehr alte Methode der Übertragung innerhalb der religiösen Symbolsprache. Tarot, Zahlensymbolik und Kabbala, drei alte Überlieferungen sind zu einem geworden.
Am schwierigsten ist das hermetische Bild zu lesen, weil es älter als jede Lehre ist.
Das Studium des Tarot hat eine große Gefahr, nämlich die, daß man sich in den interessanten Tatsachen verlieren könnte.
Das Studium von Lehren ist immer gefährlich, weil man in neue Gebiete vordringt, und der Mensch ist von Natur aus neugierig, sei es intellektuell, sei es spirituell.
Die weiten Entdeckungsreisen in den Gebieten von Natur und Wissenschaft brachten den Menschen dorthin, wo er sich heute befindet und den Gelehrten reizt sein eigenes Studium, die unerforschten Gebiete auf seinem speziellen Terrain.
Die immer stärker auftretende Spezialisierung beweist dies.
In der Religion begegnet man derselben Erscheinung.
Die Religion ist zu einem Studiengebiet geworden, und man findet in ihr augenblicklich unzählige Spezialisten.
Spezialisten mit einem kleineren Forschungsgebiet, über welches das Wissen jedoch immer genauer wird.
Die Folge ist, daß sich die Menschen vereinigen müssen, um gemeinsam ein größeres Studiengebiet erkunden zu können.
In der Spiritualität gilt dasselbe.
Wenn Kabbalisten, Alchemisten, Gnostiker, Tarotkenner und Okkultisten ihr Wissen gegenseitig austauschen würden, würde daraus eine Wissenskonzentration entstehen, mit der der Menschheit viel mehr gedient wäre.
Denn alle diese Studiengruppen greifen auf einen Quell zurück, und eines jeden Bewußtsein hat seine Grenzen.
Würde jeder seine Begrenzung erkennen und zugeben, dann würde der Studiengefährte diese aufheben können, und so würde die Kenntnis reicher werden.
Wir sprechen jetzt über Studium; sprächen wir über inneres Wissen, dann würde es ungefähr auf dasselbe hinauskommen.
Jeder ernsthaft spirituelle Mensch erfährt ein Wachstum des Bewußtseins, und bei diesem Wachstum können ihm seine spirituellen Mitmenschen helfen und von Nutzen sein.
Die Lichtsöhne können - eigentlich sollten wir sagen MÜSSTEN - einander beistehen, damit aus ihrer Mitte heraus der große Geist sie alle erleuchten kann. Man trägt Holz auf dem Platz zusammen, wo das Feuer entzündet werden soll, nicht wahr?
Je mehr Holz, desto mehr Feuer, also auch Licht.
Es ist immer ein Streichholz oder eine Zunderdose, die das Feuer entflammen läßt.
So müssen Sie auch eine Konferenz oder eine Gruppe Menschen sehen, die gemeinsam eine Weisheit beleuchten: alle tragen Holz herbei, und legen dieses auf der Stelle nieder, wo das Feuer entflammen wird, und dann wird das Streichholz daran gehalten, und jeder sieht das Feuer, das Licht und wärmt sich daran.
Der Ort, an dem dieses Feuer diesmal angelegt wird, ist der Tarot, nicht ein Ort, ein Gebäude, eine von Mauern umgebene Stelle, sondern eine alte Weisheit; aus dieser alten Weisheit, zu der wir alle unsere Gedankensplitter hinzufügen, entflammt das Feuer, das auch in uns brennt.
Wo kein Holz herbeigetragen wird, verlöscht das Feuer; wenn in der Seele des Menschen, in seinem Denken, in seinem Herzen, kein Widerhall gefunden wird, erstirbt dieses Feuer.
Einzelne können das Feuer brennend halten, aber ihre Arbeit ist oftmals schwer derjenigen wegen, die dieses Feuer unbewußt wieder austreten.
Die spirituellen Unterhalter des Feuers sind die Erben der Lichtsöhne, und sie beweisen dies dadurch, daß sie das Licht brennen SEHEN, FÜHLEN, HÖREN wollen.
Sie haben kein Verlangen nach Monumenten, sondern an innerem Reichtum, nach Zunderdosen, die das Feuer immer wieder entflammen lassen.
Ihr spiritueller Durst richtet sich auf das Licht, auf diese Weise unbewußt Wasser und Feuer zusammenfügend: ihr Durst wendet sich zu dem LEBENDIGEN Wasser, in dem das Feuer brennt.
Der Tarot von Memphis ist ein solcher Quell, er beginnt zu leben, wenn man seine Tiefen aufspürt, er berührt Ihre innere Flamme, und er schenkt Ihren Gedanken Weisheit und Ihrem Herzen Trost.
Dennoch sind die Darstellungen einfach, es geht nur darum, wie weit das Bewußtsein des Neophyten in der Lage ist, diese Bilder aus ihrem Liniengefängnis herauszuziehen.
Aus dem Denken von Hermes bildeten sich die Linien, und nun muß das Denken des Neophyten diese Linien wiederum zu ihrem Ausgangspunkt zurückführen: die Einheit, der Kern, der Punkt, die Konzentration des Lichts.
Taten nicht die Pythagoräer dasselbe?
Ein Wort, ein Bild auf die abstrakte Idee des Schöpfers zurückführen.
So geht es auch mit der Seele des Menschen.
Aus Gott geboren als eine himmlische Seele, in der Form, dem menschlichen Ego gefangengenommen, muß sie durch Chrestos aus dieser Form erlöst werden, um wiederum im Geist Gottes als ein abstraktes Seelenfeuer geboren zu werden.
Dieses ist die Urlinie des Geborenwerdens - das Annehmen der Form und das WIEDERgeborenwerden. Man findet diese Linie in der Natur und in den wahren Schöpfungen des Menschen wieder.
Nur wer erschafft und wiedererschafft, hat Teil am ewigen Leben.
Meistens erschafft man etwas und bewundert seine Arbeit, sobald diese aber in der Form gefangenliegt, verlangt sie danach, wiederum aus dieser Form erlöst zu werden - so ist der Lebensweg der Menschheit.
Ihr Denken und Ihr Herz wurde Ihnen geschenkt, um über die Begrenzungen der Formen hinauszusteigen,
um die Bilder zu befreien,
um die Worte zu ewigen Klängen zu führen,
um die Ziffern zu ihrer verborgenen Sprache zurückzubringen.
Alles, was sichtbar ist, ist gefangen, nur der Mensch ist in der Lage, das Sichtbare in das Unsichtbare zu ziehen, WENN er sich auf dem Pfad der Einweihung entwickelt.
Er kann sich entwickeln, wenn er fortwährend Holz herbeiträgt, um das Feuer anzufachen, in sich, um sich, über sich, unter sich, so daß er und sein Nächster vollkommen erleuchtet werden durch den Gedanken, der aus Gott ist; durch die Intuition, die aus Gott ist; durch das Urwissen, das aus Gott hervorkam.
Der wahre spirituelle Mensch - der Lichtsohn - kommt aus Gott und geht zu Gott, der Weg, der dazwischen liegt, besteht aus Arbeit.
Arbeit für das Licht.
Arbeit für das Freimachen aus den Formen.
Wer wirklich nach dem LEBENDIGEN Wasser verlangt, wird dieser Arbeit nicht müde werden, denn sieh, dort, wo man arbeitet, dort ist Bewegung.
Mögen diese Worte die Einleitung sein für den individuellen Weg auf dem Pfad des Tarot von Memphis.