Die Sonne von Osiris - 19; Hebräischer Buchstabe Qoph (kofe)
Der Herrscher, der Mensch, der auf den Gipfel des Berges der Ersterbung gekommen ist, hat seine Grenze erreicht, er kann nicht weiter gehen, er beherrscht die vier Elemente und wartet nun, daß der Äther der Seele sein Hauptheiligtum öffnen wird.
Der Herrscher wartet auf das Losungswort der Herrscherin, die ihn durch die Pforte in die Unsterblichkeit hineinführen wird.
In der Karte Nr. 19, der dem Herrscher gegenübergestellten Karte, sehen wir dann auch, wie sich diese wartende Stunde vollzieht.
Herrscher und Herrscherin, beide in der einfachen Würde der Pilger, heben die Blume der Seele auf zu der Sonne von Osiris, der geistigen Sonne, in der das Pentagramm glänzt.
Auf dem Gipfel ihrer Erde, ihres Landes, erscheint der Regenbogen in der Harmonie seiner sieben Farben.
Die ganze Natur ist eins mit dem Fortschreiten dieses Neophyten und unterwirft sich ihm; so wie es bei dem Herrscher gezeigt wurde: die Natur kniet vor ihm nieder, er ist ihr Herrscher.
Der Herrscher und die Herrscherin oder der positive und der negative Strom dieser Natur haben sich vereinigt, damit aus ihrem Zusammenwirken die Blume der Seele geboren werde und diese opfern sie dem Geist.
Nicht zufällig trägt diese Karte die Nummer 19.
Der neunzehnte Pfad ist der Pfad der geistigen Aktivität.
Wenn die Herrscherin und der Herrscher, oder der Mensch, der auf der Grenze des vollkommenen Endura - der geistigen Übergabe - steht, die Blume ihrer Seele dem Geist übertragen, geschieht in diesem Menschen etwas Neues.
Der Hochmut des gefallenen Lichtsohnes wurde zu nichts, seine Persönlichkeitssonne ist in der geistigen Sonne aufgegangen.
Das nun ist das Stadium, dem wir alle entgegenringen, zumindest, wenn es uns mit dem Pfad ernst ist.
Es ist die Übergabe des Individuums an den Geist.
Selten gelingt es einem Menschen, auf den Gipfel des Berges der Ersterbung zu gelangen und noch seltener geschieht es, daß sich ein Mensch nicht in den letzten Kampf auf diesem Gipfel verstrickt.
Der Herrscher, als der hochgesinnte, edle Lichtsohn, muß in der Lage sein, seine eigene Feuerkraft zu beherrschen, um den Thron des Feuers für die geistige Sonne leer zu halten. 0
Auch die gekreuzten Beine des Herrschers weisen hin auf diese Einstellung: das linke Bein liegt gekreuzt über dem rechten Bein, das Herz hält den Trieb des Denkens im Zaume.
Der Herrscher, der zu einem Beherrschten wird, ist der größte Überwinder, und darum werden wir sehen, daß die Prüfungen, die nun noch folgen, von ihm auf die richtige Weise überwunden werden.
Die "kleine Kraft" des Toren wird nach dieser Selbstüberwindung zu einer leuchtenden Macht, die sich freier in dem Menschen bewegen kann, es entsteht eine engere Verbindung zwischen der Seele und dem äußerlichen Menschen, wodurch die geistige Kraft in dem spirituellen Menschen von diesem Augenblick an stärker wird.
Osiris, der Meister-Bauer, der beherrschte Magier, kann nun von dem Schlüssel Gebrauch machen, den er von der Hohepriesterin empfangen hat.
Dieser Neophyt kann zu einer selbständigen Tat kommen, und er tut dies denn auch auf eine sehr dienende und dennoch edle Weise.
Wir sehen ihn auf der Hohepriesterkarte Nr. 5, die die Erschließung heißt, den Schlüssel, der das geistige Licht enthält, an seine Nächsten weitergeben.
Die Hohepriesterin öffnete das Unten - der Hohepriester öffnet nun das Oben, wie es die Richtung des Schlüssels beweist.
Die Geistige Sonne von Osiris kommt nun zu voller Entfaltung und zeigt sich, wie der hebräische Buchstabe Qoph (kofe) auf der neunzehnten Karte andeutet, als die Kehrseite des Hauptes. Von der Natur aus sieht man die Sonne als eine natürliche Strahlungskraft, aber sie hat eine Kehrseite, ihr geistiges Wirken und dieses zeigt sich nun in Osiris.
Sie ist nun die Sonne des Lichtsohns und nicht mehr die Sonne des Egos.
Der Hohepriester dieser fünften Karte ist der unter dem Pentagramm Wiedergeborene, und so hat seine Karte die Nummer fünf.
Fünf ist das höchste Erreichbare im Stoff, man kann Behinderungen entgegentreten, die Natur durchschauen, wie ein Magier arbeiten und seinen Nächsten von Dienst sein, auf die Weise, wie es die Herrscherin beabsichtigte.
Sie werden erkennen, daß dieser Tarot bestimmt nicht für den profanen Menschen erschaffen wurde, sondern daß nur der wirkliche Schüler
der hermetischen Lehren würdig sein kann, die erhabenen Absichten zu empfangen.
So wie die Bergpredigt für die Schüler bestimmt war und die Sprache der alten Priester eine Sprache für Eingeweihte war, so ist auch der Tarot die Sprache der Spirituellen, und niemals eine Sprache für Unwissende.
Die linke Hand des Hohepriesters ist nun zu voller Aktivität gelangt, das empfangende Prinzip in dem suchenden Menschen ist geöffnet, und jener hat eingesehen, daß ihn das Sammeln von intellektueller Kenntnis keinen einzigen Schritt weitergebracht hat.
Bei dem Herrscher mußte das beladene Hauptheiligtum noch gereinigt und geöffnet werden, darauf wartete er und nun kann er aus seiner Stille hervortreten und endlich zu einer Tat übergehen.
Sie sehen: Die Tat folgt erst dann, wenn die Ego-Sonne in die geistige Sonne verwandelt wurde.
So liegt der Weg aufgezeichnet, wie es auch im Evangelium der Pistis Sophia der Fall ist, wo erst im fünften Bußgesang das Lied von der Übergabe gesungen wird.
So wie die Karte Nr. 19 im mittelalterlichen Tarot nichts anderes wiedergibt als eine primitive Sonnenkraft, die über zwei Menschen scheint, so stellt auch die mittelalterliche Wiedergabe des Hohepriesters gerade den Menschen vor, der das Gute Ende nicht finden wird.
Sie nannten ihn den Papst, und in seine Hände legten sie die Zeichen seiner weltlichen Macht, so wie auch die Sonne in dem mittelalterlichen Tarot lediglich weltliche Macht zu haben scheint.
Der Papst ist in der Welt als die höchste priesterliche Macht bekannt, wenigstens erschien er den Kirchenvätern als diese.
Und darum waren sie der Auffassung, daß der Hohepriester von Hermes dieselbe Funktion innehätte.
Der Unterschied zwischen dem einen und dem anderen ist jedoch frappierend.
Der Hohepriester ist durch seine beiden Hände mit den Säulen Boas und Jachin, Positiv und Negativ, verbunden: die rechte Hand hält Boas umschlossen, die linke Hand mit dem Schlüssel berührt Jachin.
Von ihm geht Tatkraft aus, vom Papst geht nur Abwarten aus, in einem Augenblick, da er handeln müßte.
Sein Abwarten ist jedoch keine Einkehr, eine Ausrichtung auf innere Kraft, wie man deutlich wahrnehmen kann, sondern sein Warten geht aus zu seinen Untertanen.
Dies ist deutlich eine Wiedergabe einer weltlich religiösen Macht: Sie ist von ihren Untertanen abhängig, die die so benötigte fluidale Kraft abtreten müssen.
In der linken Hand des Papstes befindet sich das siebenfache Zepter - die Begrenzung der Natur, und seine Hand hat die bekannte segnende Gebärde, bereit, das Zeichen des Kreuzes zu schlagen.
Hinter ihm erheben sich Boas und Jachin, aber sie scheinen nur als Hintergrund zu fungieren.
Der Hohepriester arbeitet mit ihrer Hilfe, er läßt seine geistige spirituelle Kraft über die Ströme der Natur einfließen.
Wenn Sie nun bedenken, daß alle diese Bilder in unserem eigenen Leben, auf unserem eigenen Pfad vollbracht werden müssen, dann scheint dieser Weg ein endloser Weg, voller Hindernisse und schmerzlicher Erfahrungen.
In der Karte des Herrschers spürte man die intensive Konzentration, die man auch bei dem Menschen finden kann, der das Gefühl hat, daß er auf dem Punkt steht, "daß etwas in ihm geschehen müsse".
Bei dem Hohepriester bricht sich diese Konzentration einen Weg nach außen, und darum ist es auch um so merkwürdiger, daß auf der Karte des Papstes, des mittelalterlichen Priesters, von solch einer Aktivität keine Rede ist.
Kein einziger an ein Dogma gebundener Mensch kann aktiv sein, in der wahren Bedeutung des Wortes.
Seine Aktivität ist begrenzt, gebunden an Gesetze, durch Bestimmungen an Ketten gelegt.
Wir sprechen hier ausschließlich über eine spirituelle Aktivität,
die in dem Herz und im Denken Gestalt annimmt.
Der Adler der Seele wird wahrlich zu den Himmeln aufsteigen und nicht als ein Etikett für eine weltliche Macht dienen dürfen.
Dieses ist es, wozu der mittelalterliche Tarot geworden ist: eine Ansammlung von Etiketten, und selbst diese Etiketten geben die wirklichen Bezeichnungen nicht mehr wider.
Jeder Schein-Neophyt unterwirft sich dem Gesetz dieser Welt, unterwirft sich Etiketten, aber der wahre Hohepriester wirft dieses Gesetz von sich, ohne jemals gesetzlos werden zu können.
Der seelenlose Mensch, der sich aus Auflehnung gegen die Gesetze wendet, findet sich in einem hohenpriesterlichen Stadium nicht zurecht, vielmehr verfällt er in die Negativität der Mondkräfte, oder dem Trieb der Feuerkraft oder dem Hochmut der Sonne.
Es ist ganz und gar nicht so schwer, dies um uns herum feststellen zu können: Die Revolte des materielI oder stofflich eingestellten Menschen ist intellektuell, scharfsinnig und spitzfindig, oder sie ist gefühlsgeladen, exaltiert.
Er wird entweder von Mars oder von Venus angefeuert durch Kampflust um der Macht willen oder aus sensuellem Trieb aus Genußsucht oder Wollust.
Diese zwei Arten menschlichen Verhaltens findet man in fast allen Religionsformen.
Man findet dort das intellektuelle Studium, die Spitzfindigkeit, oder die Wollust der Seele oder die Wollust der Sinne.
Aus diesen beiden Trieben entstehen dann die Handlungen, die Schwierigkeiten auf ihrem Weg, die Ängste, Sorgen und Bedrängnisse.
Weder das Hah, der Stab der Ewigkeit und der Intuition des Begleiterhundes sind dann aktiv.
Sie wurden dann beide verwandelt in den gewöhnlichen Wanderstab des Narren und in die Instinkte des begierigen Höllenhundes.
Man sieht diese beiden deutlich auf der Karte des mittelalterlichen Toren wiedergegeben.
Sein Stab ist nichts anderes als ein Stock, manchmal ist an ihm sogar sein Proviant festgebunden und der Hund ist zu einem drohenden Element geworden. Der Hund des Pilgers zwingt diesen weiterzugehen, der Hund des Narren macht diesen lächerlich, das ist der Unterschied.
Und ist nicht der instinktive Mensch gegenüber dem intuitiven Menschen lächerlich geworden?
Und ist es nicht der Narr, der am Ende mit dem Zepter eines Papsttums, einer Schein-Meisterschaft, einer primitiven Nachahmung eines christlichen Hohepriesters, prahlen wird?
Der Narr betrügt sich selbst, so wie sich auch der Papst selbst betrügt.
Darum findet sich der Papst der negativen Wirksamkeit des Mondes gegenüber und wurde er Papst in einer Mond-Religion, der Hohepriester findet sich gegenüber dem geistigen Mond, so wie es die Karte Nr. 18 - der Mond, darstellt.
Die fünfte Karte des Hohepriesters trägt den hebräischen Buchstaben Heh (hay), und ihre Bedeutung ist: Fenster.
Das Fenster zu der Unsterblichkeit ist geöffnet.
Das Pentagramm oder der Stern von Bethlehem ist ebenfalls ein Symbol für dieses Fenster, so wie der Stern ein kleines Fenster im Himmel ist.
Das Fenster in der Stirn des Hohepriesters ist geöffnet, und dennoch ist er noch nicht angekommen.
Denn er ist noch an Boaz und Jachin gebunden, und das vergessen die okkulten Päpste und Meister wohl bisweilen.
Das kleine Fenster in der Stirn darf nicht in Richtung von Boaz und Jachin geöffnet sein, sondern es muß auf die Sonne von Osiris gerichtet sein.
Und dabei muß - wie die den Hohepriester gegenübergestellte Karte erkennen läßt, der geistige Mond, die Pinealiskraft, als Durchlaßstern gebraucht werden.
Die beiden Säulen Boaz und Jachin stehen auf dieser Karte mit diesem Mond in Verbindung, der Mond ist NICHT selbständig, sondern er läßt ebenfalls positive Kraft durch.
Am Fuß des Weges bellen die Hunde dem Abwesenden, also dem in
geistiger Konzentration versunkenen Pilger eine Warnung und eine Begrüßung entgegen.
Sie wachen, damit er nicht von den bösen Geistern angegriffen werde, die vor allem hier ihren Hieb ausführen könnten.
Das Zeichen des zodiakalen Krebses, Symbol der negativen Mondkraft, ist in sein eigenes Element, die Wasserhöhle, eingeschlossen.
Dieser Mond bereichert die schlafenden oder unbewußten geistigen Quellen des Menschen.
Wenn der Hohepriester abwesend ist, d.h. empfänglich schlafend ist, sein Bewußtsein nicht wacht, dann wachen Intuition und Gewissen, wenn es gut mit ihm steht, und allein dadurch wird er imstande sein, diesen Weg zu den Höhen des spirituellen Mondes zu betreten.
Wenn Sie schlafen und doch wachsam bleiben im Geist, verdanken Sie dieses ihrem Begleithund, der Intuition und dem Urwissen und diese stehen mit der geistigen Mondkraft in Verbindung, und sie bellen nicht töricht einen primitiven irdischen Mond an, wie es die mittelalterliche Tarotkarte darstellt.
Die Hunde müssen den Hohepriester wiederum zu seiner Aufgabe rufen, er muß gezwungen werden, den abgebildeten Weg weiter zurückzulegen und dann läuft er Gefahr, daß ihm der Krebs ins Bein beißt, wie die Mythen sagen.
Nur wenn der Krebs in seine Höhle eingeschlossen wird, bedeutet er keine Gefahr, denn die emotionalen Mondtriebe stellen die größte Gefahr für einen hohepriesterlichen Menschen dar.
Unsere Welt mit ihrer Gespaltenheit und ihrer Exaltation in den Religionen ist der beste Beweis dafür.
Wer hieraus zu lernen gewillt ist, lerne!