Die Unsterblichkeit - 20. Karte: Hebräischer Buchstabe Daleth (dawleth) in mittelalterlich: das Urteil
Es ist altbekannt, daß die, welche einen spirituellen Weg gehen, Prüfungen auferlegt bekommen, die andere nicht kennen.
Und gerade diejenigen, die Möglichkeiten zu einem Wachstum besitzen, werden am schwersten geprüft werden, so wie jeder schöpferische Mensch härtere Umstände kennen wird als der unbegabte Mensch.
Erschaffen erfolgt immer durch die Bedrängnis hindurch.
Jede Geburt kennt ihre Wehen.
Die Spiritualität kennt ihre eigenen Wehen, wie man deutlich aus dem Leben der bahnbrechenden Spiritualisten schließen kann.
Ohne Widerstand kein Reifungsprozeß, ohne den Schmerz der Geburtsstunde keine Erneuerung.
Unter dem Einfluß der Herrscherin wird der Neophyt in die Behinderungen hineingeführt und er kann dadurch straucheln oder auch überwinden.
Der Tor - die gefallene und zurückkehrende Seele - tritt nach und nach in die stoffliche Entwicklung ein, aber er ist, wie wir sagten, niemals allein.
Darum schrieben die Kabbalisten auf diese Karte der Herrscherin den Buchstaben Gimel (geemel), weil sie den "Abstieg" andeutet, so wie ein Kamel (der Buchstabe bedeutet wörtlich: Kamel) das Wüstenschiff ist, so ist die Herrscherin der Leitstern in der Wüste der stofflichen Natur.
Sie kennen sie alle - mehr oder weniger gut.
Die Liebe zu dem Mitmenschen ist die einzige Bedingung, unter der man in diesem Leben die Schmerzen und die Enttäuschungen überwinden kann.
Diese Liebe ist nicht stabil, wenn sie nicht von der Seele inspiriert wird; dann verwandelt sie sich nur allzu schnell in Haß oder Kühle, in Bitterkeit und Gleichgültigkeit.
Die Liebe der Herrscherin hat zwei Seiten: Liebe und Haß, einen Mittelweg gibt es nicht, weil sie die Herrscherin dieser Natur ist und somit notgedrungen aus zwei Ausdrucksformen besteht.
Unterwirft man sich ihr, dann wird man ein Gefangener dieser Natur.
Wie stark ist doch der Mensch gebunden, der egozentrisch liebt oder aus Selbstbeschirmung haßt?
Wenn der Neophyt - und das ist jeder spirituelle Sucher - entdeckt, daß er ein Fremdling auf der Erde geworden ist und daß er sogar ein Einzelner in der Gemeinschaft derer ist, die er liebzuhaben glaubte, dann wird das Ringen mit der Herrscherin kommen.
Ein Ringen, in dem sie ihm zu eine Begleiterin und niemals zu einer Kaiserin werden muß.
Diese Phase der Einweihung ist für den Neophyten schwer und von großer Bedeutung in seiner geistigen Entwicklung.
Man kann nicht Sklave der Liebe der Menschen sein und sich gleichzeitig der Seele übergeben wollen.
Es kommt immer auf eine Wahl hinaus, niemals wird ein Kompromiß verlangt, wie sehr es der zweifelnde Mensch darauf auch anlegt.
Buddha sagte, daß der geistige Mensch die zodiakale Begrenzung durchbrechen müsse.
Nun, das wird die Seele tun, wenn sie dem Seelen-Aspekt der Herrscherin begegnet, Karte Nr. 20 - Die Unsterblichkeit.
Die Unsterblichkeit hängt mit dem Durchbruch durch die zodiakale Pforte zusammen.
In der Chymischen Hochzeit heißt es so deutlich:
"..... Und er, der meinte, Wächter sein zu müssen, ist nach Hause gekommen."
Es geht nicht darum, Wächter zu WERDEN, sondern darum, Wächter SEIN zu WOLLEN!
Diese Übergabe des Selbstes an den niedrigen Posten des Wächters, während man meint, fortgeschritten zu sein, verwandelt den Menschen in dem entscheidenden Augenblick.
Die Karte der Unsterblichkeit trägt den hebräischen Buchstaben Daleth (dawleth), was bedeutet: Tür oder Pforte.
In der Kabbalah ist 20 die Zahl der ursprünglichen Weisheit, also der
wiedergewonnenen Weisheit der Seele, und das ist doch gleich einer Heimkehr, nicht wahr?
Wenn es einem Menschen gelingt, die Behinderungen seiner Persönlichkeit zu durchbrechen, dann ist das, als ob er eine Gefängnistür aufwirft - dann wird sein Gesichtskreis weit - er reagiert anders - seine Sinnesorgane sind für seine Entscheidungen nicht mehr ausschlaggebend, er geht vielmehr in die ursprüngliche Weisheit ein.
Was dies bedeutet, dessen erinnert sich der Neophyt nur vage.
Auf der ägyptischen Karte kann man sehen, wie die Seele von einer leuchtenden Aura umgeben wird, und sie bläst auf einer Posaune,
sie verbreitet die ursprüngliche Weisheit.
Sie wird von ihren Mit-Seelen emporgehoben, die ihre Weisheit erkennen, und sie steht in der Mitte von zwei Säulen: Boaz und Jachin hat sie hinter sich gelassen, die Herrscherin hat sie freigelassen, und zeigt ihnen wahres Wesen und ihren Auftrag.
Man kann es in etwa vergleichen mit dem Überwinden einer tief eingewurzelten Eigenschaft, die man selbst so sehr verabscheut, die aber immer wieder ihren Kopf erhebt.
Eines Tages bemerken Sie, daß Sie sie überwunden haben, und dann empfinden Sie etwas wie Freiheit, als ob Sie einen Feind erschlagen hätten.
Einen Feind, von dem Sie wissen, daß er nicht zurückkehren wird, weil er in Ihnen keinen Anknüpfungspunkt mehr findet.
Es gibt bestimmt Menschen unter uns, die diese Entdeckung kennen.
Eingewurzelte Gewohnheiten, Fehler, Eigenschaften sind am schwersten zu überwinden, sind sie einmal überwunden, dann ist der Neophyt freier als zuvor.
So ist es mit dieser 20. Karte: die Seele bläst auf der Posaune, um die Schwingungen der Weisheit weiterzugeben, und sie wird diese Schwingungen nicht erniedrigen, weil sie frei geworden ist, die Pforte hat sich für sie geöffnet. Die Herrscherin berührte den Adler mit ihrem
magischen Stab und gab ihn frei für seinen Flug - die Kaiserin auf dem mittelalterlichen Tarot hält den Adler umklammert, und in ihrer Linken hält sie den Stab mit dem Reichsapfel, Symbol der irdischen Persönlichkeit.
Wiederum der Gegensatz zwischen der Lehre von Hermes und dem mittelalterlichen Tarot: in jener ist Freiheit, in dieser Gefangenschaft, überall Begrenzung, Unwissenheit, Angst vor der Freiheit.
Auch die 20. Karte läßt einen Gegensatz zwischen Hermes und dem Mittelalter erkennen.
Die ägyptische Karte heißt: Unsterblichkeit; die mittelalterliche Karte nennt man: das Urteil.
Diese Bezeichnung ist nicht richtig, denn ein Urteil beinhaltet eine Zweigeteiltheit: Gut und Böse.
Für die aufsteigende Seele ist kein Zweifel möglich, sie hat die Posaune, denn sie ist unterwegs zu ihrem Aufgang und kennt kein Zurück mehr.
Die Idee der Urteils gründet sich jedoch ausschließlich auf die menschliche Vorstellung: Gott straft den Sünder.
Er ist streng und rachsüchtig, und vor allem vernichtend.
Es ist die bekannte Theorie von Himmel, Hölle und Fegefeuer, der man in der hermetischen Lehre nicht begegnet.
Natürlich besteht die Möglichkeit des Mißlingens oder Scheiterns, aber diese liegt bereits im Anfang beschlossen.
Der Zauberer, der den Toren verleugnet, sich an die Gesetze der Päpstin hält, sich der Kaiserin und ihren weiblich emotionalen Verführungen unterwirft, dieser suchende Neophyt fällt in alle Fallstricke, die ihm gelegt werden, und diese hat nicht Gott ihm gelegt, von dem er ursprünglich ausgegangen ist, sondern diese sucht er selbst auf.
Der Tor wird beschirmt, so wie alle Stadien auf dem Pfad - wenngleich sie schwer sein können - von der "kleinen Kraft", oder dem Wissen und der Weisheit der Seele durchleuchtet werden können.
Dann fällt man nicht in gelegte Schlingen, sondern dann lernt man seine Lektionen und der Neophyt verwandelt sich sichtbar und spürbar in ein Seelen-Wesen, das schließlich ganz und gar aus der Seele heraus reagiert.
Der Urteilstag, den man fürchten zu müssen glaubt, kommt nicht am Ende des Seelen-Aufganges, sondern dieser kommt genau dann, wenn der Neophyt ihn verursacht.
Das Urteil kann bei Isis liegen, bei der Herrscherin, es kann aber auch bereits bei dem Magier liegen.
Wenn uns der Tor - die Seelenkraft - verläßt, sind wir verurteilt;
leider bemerken wir das manchmal nicht selbst, aber die übrigen Toren auf dem spirituellen Weg bemerken es wohl. Ein solcher Mensch verliert etwas Entscheidendes in seinem Denken, in seinen Gefühlen.
In der okkulten Anschauung trägt die Kaiserin Flügel, eine typisch okkulte Vorstellung: Man kann die Persönlichkeit in den Himmel erheben.
Der Tarot des Mittelalters ist einfacher, noch nicht durch okkulte Mißverständnisse ausgeschmückt, wohl aber ist er tot, einengend.
Die Unsterblichkeit von Hermes ist eine jubelnde Darstellung, das Urteil aus dem Mittelalter ist schwer beladen von dem materialistischen Gedanken der Belohnung.
Wenn der Mensch seinen Stempel auf die Schöpfung eines Botschafters, wie hier Hermes, drückt, dann droht die materialistische Denkweise den Seelen-Impuls zu vertreiben.
Und was bleibt dann noch übrig?
Äußerliches Gesetz, Wiederholungsübungen, der tote Buchstabe, jede schöpferische Inspiration ist verebbt.
Die schöpferische Inspiration, die aus der Hohen Einbildung kommt, kann unter dem Bann der Päpstin nicht leben, noch erträgt sie, an die zodiakalen Impulse der Kaiserin gefesselt zu sein.
Diese Isis-Einbildung kann sich der Herrscherin nur anheimgeben, wenn der Tor in seinem eigenen Zuhause Regent bleiben kann.
Dieser Tor ist unbestechlich, er kann durch schöne Vorspiegelungen nicht gefangen genommen werden und er läßt sich nicht zwingen, denn er ist ein törichter Pilger, an nichts gebunden, und so ist er frei von allem.
Dieser Tor muß in Ihnen leben, wenn Sie auf einem Pfad der Einweihung weiterkommen wollen.
Auf diesem Pfad können Sie kein Geld und Gut mitnehmen, noch besondere menschliche Qualitäten, die einzige Bedingung ist: ein Tor zu sein, und darum keine Angst vor Strafe zu haben und keinen Ehrgeiz auf eine Belohnung.
Ein solcher Tor stört sich nicht an einem Tag des Urteils - noch kümmert er sich um eine Belohnung für gute Taten - noch sucht er eine Vermehrung, sowohl seines spirituellen wie auch seines materiellen Besitzes, und darum gelangt er durch die Behinderungen hindurch.
Einer, der keine Bindung kennt, ist unverletzbar, Bindung in allen Bedeutungen dieses Wortes.
Man kann jedoch auch an Gewohnheiten, Umstände, Bauwerke, spirituell und materiell, gebunden sein.
Der törichte Pilger tut das, was in der Bibel geschrieben steht: Er schüttelt den Staub von seinen Füßen und geht weiter.
Das nun ist es, was der heutige Mensch nur schwerlich zu tun vermag.
Der Staub drückt seine Füße zurück auf die Erde, er kann ihn nicht mehr abschütteln.
Auf dieser Basis ist er verurteilt und steht sein ganzes Leben lang im Zeichen eines Urteilstages.
Der Herrscher - 4. Karte, Hebräischer Buchstabe Daleth (dawleth, der Kaiser)
Es versteht sich, daß beim Eintauchen in den Stoff zwei Arten des Angriffs auf den Neophyten warten: aus dem Reich des positiven und aus dem Reich des negativen Feldes.
Die Herrscherin als empfängliche Kraft herrscht über das negative Feld des Zodiak, der Herrscher regiert über das positive Feld.
Er ist das Ebenbild der Herrscherin, mit dem Unterschied, daß seine Macht in Beherrschung und Mut liegt, deren Symbole er im ägyptischen Tarot trägt.
Die Herrscherin geht geduldig mit dem Neophyten mit, wenn er den Mut und die Beherrschung eines Herrschers aufweist, in der guten Bedeutung dieses Wortes.
Der Herrscher muß Beherrschung kennen, nicht über andere herrschen zu wollen, wenn er seine eigenen Kräfte nicht beherrschen kann.
Darum sprachen wir beim Studium der Herrscherin über das "Anschauen" von Venus; dieses verlangt "Beherrschung", wie sie der Herrscher zeigt.
Er trägt die Symbole seiner Macht über seiner Brust gekreuzt, aber er prahlt nicht damit, sie wurden, genau wie auf den anderen Abbildungen, ausschließlich um der Einweihung willen verliehen.
Auch hier berührt der Adler das Haupt, aber auf andere Weise als bei der Herrscherin.
Der Herrscher - Vulkanus - bleibt passiv und berührt selbst auf keinerlei Weise den Adler, wie es die Herrscherin tut.
Die negative Kraft läßt den Adler der Seele frei, die positive Kraft inspiriert ihn.
Die letzte Entscheidung liegt immer bei der negativen Kraft, aber auch der allererste Beginn hängt von dem negativen Pol ab.
Isis reicht den Schlüssel der Entscheidung - der Magier wartet.
Wir müssen lernen, in ungeformten Bildern zu denken, und das genormte Mann- und Frau-Bild aus seinen bekannten Formen zu befreien trachten.
Wenn man über eine positive oder eine negative Art spricht, ist damit nicht gemeint, Mann oder Frau zu sein, sondern es geht um das empfangende und das schenkende Prinzip.
Der Tor tut nichts, er ist neutral - der Magier ist positiv ausgerichtet - die Hohepriesterin ist negativ ausgerichtet - und sie sind voneinander abhängig.
Die Herrscherin hat gelernt,
ihre positive Ansicht zu gebrauchen, der Herrscher hat gelernt, seinen negativen Aspekt anzuwenden.
Beide sind Repräsentanten des höchsten Erreichens - spirituell gesehen - im Stoff.
Darum tragen die Unsterblichkeit und der Herrscher den hebräischen Buchstaben: Daleth (dawleth) - die Pforte, die Selbstbeherrschung wird zu einer Pforte.
Der Neophyt wird dieser Herrscher sein müssen, will er die Herrscherin auf die einzig richtige Weise überwinden können.
Es ist wie die Vermählung zwischen Venus und Vulkanus, Venus darf sich nicht an Mars verschwenden - die niedere Feuerkraft - sondern sie ist an Vulkanus gebunden, den höchsten Aspekt von Mars: Michael.
Wenn dieser Herrscher im Neophyten zu einem Kaiser wird, wie ihn der mittelalterliche Tarot zeigt, wird die Herrscherin eine Jesebel, die sich zu der niederen Liebe mit Mars oder dem Blutstrieb erniedrigt.
Weder der Herrscher noch die Herrscherin können weiter als bis zu der Grenze ihres Reiches gehen.
Sie lassen den Neophyten nun in das Reich der Unsterblichkeit hinübergehen oder aber er bleibt ihr Gefangener. Der Kaiser mißbraucht seine Macht und wird ein Hochmütiger, dennoch von der Herrscherin geopfert - oder er wird ein Herrscher über sich selbst, ein Selbstüberwinder.
Der Kaiser wird in die Stricke des Hochmuts fallen, und sein schwacher Punkt wird seine Eigenliebe und die Liebe für Schönheit in jeder Beziehung sein.
Der Herrscher geht in keine einzige Schlinge, denn er kennt diesen schwachen Punkt nicht, weil er sein Herz mit den Zeichen seiner Macht beschirmt hält: Beherrschung und Mut.
Der Mut der Seele und die Beherrschung des Egos mit Hilfe der Seele.
Wer seine Schwächen kennt, wird diesen entgegentreten mit Hilfe der Gaben, die ihm vom Anfang an gegeben wurden!