Wenn wir uns immer mehr in das Mysterium des Heiligen Grals vertiefen, dann wird es uns allmählich klar, daß die ganze Menschheit nach dem Schatz strebt, der das Eigentum aller heiligen Bruderschaften war.
Um den Gral zu suchen, finden heutigentags Ausgrabungen statt im letzten Bollwerk der Katharer in den Pyrenäen in Frankreich, in der Ruine der Burg Montségur.
Junge römisch-katholische Priester zelebrieren Messen, um das Gewissen der christlichen Kirchen von der großen Schande der Verfolgungen zu reinigen.
Pilger aus verschiedenen religiösen Strömungen ersteigen mühsam den hohen Berg, auf dem Montségur, der "Berg der Sicherheit", liegt, um Einkehr und Frieden zu finden an dem Ort, wo so viele Heilige lebten und starben.
Dasselbe geschiet auf der Burg von Montréal und in Spanien kennt man den Montserrat als einen Berg der Pilger. Zur Ruine der Kapelle von Glastonbury, wo sich das Grab von Joseph von Arimathia befinden und der Gral seine letzte Ruhestätte gefunden haben soll, werden Wallfahrten unternommen.
Um den Ursprung der Gralslegende zu finden, muß man zurückgehen bis in die Zeit der Kelten.
Die Kelten hatten eine Religion, welche aus dem Osten über die ganze Welt verbreitet worden sein mußte. Große Gruppen dieser Kelten nahmen es auf sich, Gottes frohe Botschaft den Menschen zu übermitteln, so wie sie sie von ihren Vorvätern und den östlichen Weisen empfangen hatten, denn die Geburt der keltischen Völker verliert sich im Dunkel.
Es wurde wohl einmal gemunkelt, daß sie Nachfahren der uralten atlantischen Völker seien; manche ihrer Bauwerke lassen auch denken an berühmte Überreste einer vorhergehenden Rasse: wie die Pyramide von Gizeh, die Steinfiguren auf der Osterinsel, die monolithischen Steine, die über die ganze Welt verbreitet sind und viele andere Erinnerungen an eine vergangene Zeit.
Das keltische Volk war keine bestimmte Rasse, es war eine Vermengung von verschiedenen Rassen.
Es trug die Kennzeichen vieler vorhergehender Kulturen, wie ihnen auch Intelligenz und Kunstsinn verliehen war.
Obwohl die Geschichte von ihren vielen Kriegszügen berichtet, müssen sie doch, wenn sie nicht bedroht worden sind, friedlicher gewesen sein als die damaligen Völker.
Plötzlich fand man in wiedergefundenen Schriften den Beweis, daß sie mit allen Ländern der Erde Verbindungen unterhielten. Selbst bis nach Nordamerika waren sie vorgedrungen, tausend Jahre ehe Columbus dieses Land entdeckte. Daher stammen die vielen monolithischen Rätsel auch in Nordamerika.
Diese Kelten zogen in kleinen Gruppen über die Erde, um die Heilsbotschaft zu verkünden. Überall, wohin sie kamen, errichteten sie Gedenkstätten, wo sie ihren Gott ehrten.
So fußt das Mysterium des Grals auf einer uralten Legende, die die Kelten aus Ägypten und Asien mitbrachten.
Diese Gralslegenden stammen nicht aus dem Mittelalter, noch sind sie christlichen Ursprungs, sie sind geboren in dem mystischen Osten und die romantischen Rittererzählungen wurden um dieses Mysterium gewoben während der mittelalterlichen Ritterzeit.
Chrétien de Troyes, einer der ersten Erzähler der Gralslegenden, basierte seine Erzählungen auf einer alten Schrift, die von den Kreuzrittern aus dem Osten mitgebracht wurde.
Diese Schrift scheint eine manichäische Legende enthalten zu haben, d.h. eine Überlieferung der manichäischen Bruderschaft, die, ebenso wie die Katharer im Mittelalter, die Botschaft der Liebe um das Jahr 200 weitergaben.
In Großbritannien jedoch, wo auch die Gralslegenden wohlbekannt sind, wurden sie von Sir Mallory aufgezeichnet, der sie wieder der allerältesten britischen Geschichte entnahm.
Auch diese Legenden sind auf die Britischen Inseln durch andere Völker gelangt, und zwar durch die Kelten, die Klosterorden gründeten, und die danach belebt wurden durch das Echo der Kreuzritter, deren Führer Richard Löwenherz war.
Wie man auch forscht, die Quelle der Gralslegenden muß in dem Osten gesucht werden.
So wie auch die historischen Überlieferungen davon sprechen, daß Joseph von Arimathia den Gralsbecher in die westlichen Länder gebracht hat, wie England und Frankreich.
Wenn man in den allerältesten Überlieferungen nachforscht, wird man entdecken, daß die Gralsritter ständig zwischen England und Frankreich hin und her fuhren, als ob diese beiden Länder ein Festland wären. In einer fernen Vergangenheit war es tatsächlich so. Daher ist es deutlich, daß sich die Legenden auf eine Urvergangenheit gründen, wo von Jesus Christus noch keine Rede war.
Auch die Namen der verschiedenen Ritter sprechen eine symbolische Sprache; Parzival bedeutet: "Par soi même", durch sich selbst, was eine Andeutung der Selbstverwirklichung des Gralsauftrages ist und woraus ebenfalls verstanden werden kann, warum Parzival keine Fragen mehr stellte.
Er durfte keine Fragen stellen: ihm war das heilige Schweigen auferlegt. So wurde der Gral von drei Rittern gefunden: Galahad, Parzival und Bors.
Diese drei Ritter stellen die drei Typen der Menschen dar: den magischen Typ, den intellektuellen Typ und den mystischen Typ.
Doch der Gral wird schließlich gesehen von fünf Rittern, wie Lancelot und Gawain, die aber der Gralstat nicht teilhaftig geworden sind.
Diese Fünffältigkeit weist auf die Vollkommenheit des mikrokosmischen göttlichen Seelenwesens hin. Die fünf Gralsritter bilden die fünf Strömungen, die unter dem Einfluß der fünf Elemente in der Menschheit entstehen.
Manche Menschen reagieren auf ein einziges Element, andere auf zwei, wieder andere ab und zu auf den ersten und den dritten Strahl, doch jene, die ständig aus und durch alle fünf Elemente leben, sind selten.
Solch ein Mensch war Galahad, der Ritter, der nicht nur den Gral ansah, sondern auch die Tat erfuhr und austrug, so daß er, ehe er starb, wie die Legende sagt: in den Gral selbst schauen durfte, "weil Heute, Vergangenheit und Zukunft sich erschließen wie ein offenes Buch".
Danach starb Galahad, d.h. er ging völlig in seiner neuen Menschwerdung auf, während er die alte Persönlichkeit ablegte.
Seitdem vernimmt man in dieser Welt nichts mehr von Galahad.
Die späteren Erzähler waren sich nicht darüber einig, wer von den drei Rittern der überwindende Ritter gewesen ist: Bors, Parzival oder Galahad.
Denn die Erzähler haben größtenteils die Überlieferungen von Chrétien de Troyes übernommen, doch dieser konnte sein Werk nicht beenden, so daß dieser Gralsritter in seinen Schriften ein Geheimnis blieb.
Wolfram von Eschenbach nahm Parzival, den Ritter der Selbstverwirklichung, als Mittelpunkt, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, daß Eschenbach eine okkulte Lebenseinstellung hatte, welche auf der Selbstverwirklichung mittels des Intellektes und der Persönlichkeit basiert.
Parzival vermochte jedoch nicht mittels des Grals die "Begrenzungen zu überschreiten". Er blieb bei dem Erreichten stehen, er schritt nicht vorwärts und trug das Erreichte nicht nach Außen.
Ebenso Bors. Beide suchten auf eine andere Weise: Bors suchte das Mystische, Parzival das Intellektuelle und Okkulte, Galahad dagegen entdeckte nach vielen Fehltritten den richtigen Weg.
Er ist derjenige, der Herz und Haupt zusammenwirken ließ.
Als seine nächsten Mitarbeiter, seine Schüler, begleiteten ihn Parzival und Bors auf dem Nachhauseweg des Grals.
Er ist dann auch der Enkel des Fischerkönigs, d.h. er ist direkt verbunden, durch das Blut, mit dem Göttlichen Botschafter, mit ihm, dem der Gral erscheint.
Über diese Figuren gibt es noch viel zu sagen. Wir können Ihnen eine Anschauungsweise übertragen, die sich sehr von den üblichen Ansichten unterscheidet, denn jeder, der die Gralslegenden erforscht, entdeckt ein Geheimnis, ein anderes Geheimnis.
Für jeden Menschentyp, für jeden Sucher gibt es etwas zu finden, doch in dem Maße, wie sich das Bewußtsein des Suchers vertieft, entdeckt er mehrere Geheimnisse, tiefere Geheimnisse, es werden ihm Schätze entschleiert, die zuvor nur einige gesehen haben.
Die allgemeine Ansicht, daß König Artus der edle weise König sei, durch welchen die Begriffe Mut, Ehrbarkeit und Güte auf der Erde Einzug gehalten haben, ist völlig unrichtig.
Wir müssen Sie auf die verborgenen Personen hinweisen, auf die Figuren hinter den im Vordergrund stehenden Menschen, wie den Fischerkönig, seine Tochter, die Mutter von Galahad, und vor allem auf Merlin, den alten Weisen, der die Gralslegende dem König Artus übertrug, als dem "Menschen, der die Möglichkeit besaß".
Merlin ist einer der letzten Übriggebliebenen des Druidenordens, er kannte das Geheimnis der Gralslegende. Er übertrug nicht die Erzählungen, sondern gründete eine neue junge Bruderschaft, d.h. er gab seinen heiligen geistigen Schatz an Artus weiter, damit dieser das Geheimnis des Grals den zwölf Rittern mitteile und durch diese der ganzen Menschheit bekannt werde, die unter dem Einfluß des zwölffachen Zodiaks lebt.
Die runde Tafel von Artus stützt sich nicht auf die Abendmahlstafel von Jesus, da eine solche Tafel, jedenfalls in dieser Form, noch nicht bekannt war bei den alten Bruderschaften.
Diese Bruderschaften gingen aus von der Zwölffältigkeit des Zodiaks, von der zwölffältigen Verbindung, die der Mensch über die Lipika oder die aurischen Kerne mit ihm hat.
Jeder der einzelnen Ritter muß sich auf die Gralssuche begeben, auch Artus, aber was tut er? Er weint, als seine Ritter auseinander gehen wollen.
Das Zeichen des Beginns der Gralssuche wird durch Galahad gegeben, der in ihrer Mitte erscheint. Galahad, der Mensch, der die Überwindung erreichen wird, der Gerufene, geht ihnen voran.
Wegen des tiefen Geheimnisses dieses Gralsmysteriums, das sie kannten, wurden viele verfolgt. Ihre Lebenshaltung rief den Neid vieler auf, denn sie wußten, daß diese Brüder den geistigen Schatz gefunden hatten, während sie, mit all ihrer Kenntnis, mit all ihrem Streben, völlig daneben gegriffen hatten.
Wiederholt sich nicht stets die Geschichte?
Auch in den Gralslegenden spielen sich Ereignisse ab, in denen der Neid einen großen Platz einnimmt. Alle menschlichen Emotionen spielen in ihnen eine Rolle, jedoch der Neid ist eine Emotion, die so sehr das Innere vergiftet, daß sie den Tod verursachen kann, d.h. den Tod der Seele, die auf der Suche ist nach dem Schatz der Verfolgten.
Es war Absicht der Mißgünstigen, die man unter den führenden Persönlichkeiten der Menschheit finden kann, die Geheimnisse des Gralsmysteriums, bei welchem es sich im Altertum um einen Mystischen Stein oder um einen Heiligen Schatz handelte, tief zu verbergen, damit niemand die Wahrheit finden könne.
Daher wurden die Gralslegenden angepaßt an die Welt, an die Auffassungen der Christenheit, an die Auffassungen der okkulten Menschen, sowie an die Auffassungen der mystisch gerichteten Menschen und an die Moralisten.
Die alte keltische Legende, anders gesagt, die heilige Botschaft, mußte einen Platz finden im Rahmen der menschlichen Denkweise, damit keine suchenden Seelen erwachen könnten.
Es ist eine Methode, die so alt ist wie die Welt, die Wahrheit für sich zu behalten, die Wahrheit zu verfälschen mittels bewußter oder unbewußter Diener.
Viele werden mystisch zufriedengestellt durch den Besuch verschiedener Gralsburgen, andere leben mit dem Vorbild von König Artus vor Augen als ein beispielhafter Mensch, andere streben auf okkulte Weise nach der Verwirklichung des innerlichen Grals, doch es sind immer die Einzelnen, die, wie Galahad, strebend, verwirklichend, ihren Gral austragen, den Mystischen Stein ausgraben, um die Weisheit, die sie daraus entdeckt haben, weiterzugeben an jene, die dazu reif geworden sind.
In England hält man Wallfahrten ab zum letzten Ruheplatz von Joseph von Arimathia und dem Gral.
In Frankreich gibt es Pilgerfahrten zu den Gralsburgen, doch nirgendwo ist eine Sicherheit zu finden, daß dieser Gral, dieser mystische Becher, wirklich eine Rolle in den Gralslegenden spielte.
Diesem Gral hat man auch einen christlichen Anstrich gegeben.
Doch es geht hier um den Stein der Weisen, um die Perle aus dem alten manichäischen Gedicht, die erobert werden muß aus der Umklammerung der Schlange, die sie Tag und Nacht bewacht.
Es sind dieselben Erzählungen, die sich um den Schatz des Tempels von Salomo ranken.
In diesen Erzählungen spielen materielle Gegenstände eine große Rolle. Man vergißt, oder die verfälschten Erzählungen lassen es die Menschheit vergessen, daß es hier um spirituelle Werte geht.
In den allerältesten Legenden rund um diesen Gral verwechselt man gelegentlich den Schatz von Salomo und den Mystischen Stein.
Es ist verständlich!
In allen Legenden wird auf ein und denselben Schatz hingewiesen.
In den Legenden vom Tempel des Salomo ist der größte Schatz das Becken von Hiram Abiff und seine eigenen Werkzeuge.
Dieser Schatz ist verschwunden, aus dem einfachen Grund, weil der Tempel von Salomo zu einem äußerlichen Tempel geworden ist, zu einem Monument, das man betrachten kann. Niemals hat ihn die Königin von Saba betreten.
Der Altar, über den die alten Überlieferungen sprechen, ist auch zu einem äußerlichen Schatz geworden, einem gewöhnlichen Gegenstand, womit man seine äußerliche Religion bekennt.
Die heilige Aureole, die die Überlieferungen um diesen Altar gewoben haben, wurde von Nacherzählen angebracht, von denen, die am Rand des Geheimnisses entlanglaufen, doch seine Tiefe nicht erkennen.
Sagt die Legende nicht: und das Becken von Hiram Abiff, worin die Priester sich waschen mußten, ehe sie das Heiligste betraten, brach auseinander!
Auch in dieser Legende spielt der Neid eine Rolle. Es ist der Neid, der die Vollendung des heiligen Werkes behindert. Es ist der Neid, der vielen Figuren in der Gralslegende die Überwindung nimmt.
Will man den Wert des Grals, die Kenntnis des Mystischen Steins, die Weisheit des Schatzes der Katharer in sich ziehen, dann muß man zuallererst von allen menschlichen Emotionen Abschied nehmen, kein menschlicher d.h. erdgebundener Drang darf mehr im Menschen mitsprechen.
Der Ritter, der auf der Suche nach dem heiligen Schatz ist, muß ausschließlich auf sein Ziel gerichtet sein, um des Zieles willen muß er alles zur Seite legen.
Er wird von einer Sehnsucht getrieben, die stärker ist als er selbst, und diese Sehnsucht ist zugleich die Verbindung zwischen ihm und dem göttlichen Auftraggeber. Diese Sehnsucht sitzt ihm im Blut, sie ist ihm durch seine Geburt mitgegeben worden.
Durch das Erwachen seiner göttlichen Seele steht er direkt in Verbindung mit dem Gral selbst.
Ihn erwartet nur noch der "Rückweg".
Alle, in denen die Sehnsucht unter dem Einfluß der "in Gott verlorenen Seele" geboren ist, sind Ritter Galahad. Sie werden sicher die Überwindung erreichen, wenn sie sich an die Unterweisungen halten.
Gebe Gott, daß wir einmal in die Burg des Fischerkönigs eintreten können, dort, wo der Mystische Gral, der Kubische Stein bewahrt werden.
Und sie, die das Geheimnis des Grals erschlossen haben, verlassen einander nicht mehr, bilden eine uralte, neue Bruderschaft, welche geheiligt ist durch die heilige Nahrung, die alle aus dem Gral zu sich nehmen, der ihr ständiger Quell des Lebens ist.