"Das erste Wissen ist in jedem Individuum verborgen, darum muß der Pilger in sich selbst eine Ausgrabungsarbeit verrichten unter der Führung des Geistes."
Der größte Wunsch des spirituellen Menschen ist, in die Seelensphäre einzudringen, in das Feld der Offenbarungen, wodurch ihm alle Geheimnisse der Schöpfung und in ihm selbst erschlossen werden.
Es gibt zwei Triebkräfte: selig werden, oder erlöst werden aus dieser Notsituation und das Erlangen eines Wissens aus erster Hand.
Egozentrische Spiritualisten suchen die Seligwerdung, die Verherrlichung; andere suchen die Erlösung ihrer Seele um der Seele willen. Die egozentrisch Eingestellten sagen: Warum sollte man sich für die Seele anstrengen, was habe ich mit einem Sündenfall aus einer Urvergangenheit zu tun? Es gibt nur wenige Spiritualisten, die die Spiritualität wirklich um der Seele willen suchen. Bei fast allen Menschen ist Spiritualität mit Eigeninteresse vermischt. Man erwartet etwas von einem geistigen Leben: sei es Offenbarungen, sei es Glück, sei es die sogenannte Seligkeit.
Es ist beinahe unmöglich, den Menschen zu lehren, einer spirituellen Lebenshaltung um des Geistes selbst willen zu folgen.
Man verlangt einen Ausblick, Verheißungen, Verwirklichungen.
In der Tat gibt das geistige Leben eine Erfüllung schenkende Verwirklichung, aber anders, als es der egozentrisch eingestellte Spiritualist meint.
Man bekommt eine Einweihung.
Worin? In die Geheimnisse der Göttlichkeit.
Wo sind diese zu finden? Im Innern des Menschen.
Wie sind sie zu finden? Durch das Hören auf die Intuition und das strikte Folgen der Stimme des Gewissens, wodurch der ernsthafte Mensch Inspiration empfängt.
Inspiration ist das Erschaffen aus nichts, eine göttliche Gabe.
Es gibt graduelle Unterschiede in der Inspiration, aber jede Inspiration, die den Menschen zu einer Tat, einer Lebenshaltung, einer Schöpfung oder einer Verwirklichung zwingt, ist ein Abbild des Göttlichen.
Eine Inspiration schenkt dem Menschen eine Offenbarung.
Eine Inspiration ist nicht konkret, sie ist ungreifbar für Außenstehende, nur für den Besitzer selbst erkennbar und wiedererkennbar für den inspirierten Menschen.
Jede inspirierte Tat, sei es Wort, sei es Form, sei es Arbeit, überträgt eine lebendige Schwingung, wodurch Mitmenschen berührt werden können.
Die Intuition und das Gewissen sind ein Überrest aus dem vorirdischen Bestehen des Menschen, und sie wurden durch das Eintauchen in den Stoff getrennt.
Intuition und Gewissen sind in Wirklichkeit eins. Intuition ist das empfangende Wasserprinzip, Ge-wissen ist das eintauchende Feuerprinzip, und die Inspiration ist das Kind beider.
Inspirierte Menschen scheinen dem Mitmenschen oft schwierig im Umgang, weil sie sich strikt an eine bestimmte Linie halten, an ein Bild der Inspiration, das ihnen als Offenbarung erschienen ist und von dem sie nicht abweichen.
Ihre Intuition sagt ihnen, daß dieses Bild richtig ist, und ihr Gewissen hindert sie daran, von diesem Bild abzuweichen.
Man kann verstehen, daß es in diesem Beispiel zahllose Nuancierungen zu sehen gibt, entsprechend der Klarheit der Intuition und des Gewissens und dem spirituellen Bewußtsein des Menschen.
Aber die Geschichte wurde von "inspirierten" Menschen auf-gezeichnet, die eine ihrem Bewußtsein entsprechende Übertragung empfingen.
Aus Intuition und Gewissen kann sogar eine bösartige Inspiration geboren werden, wenn sich die Intuition mit dem Ego oder dem schwarzen Feuer verbindet und das Gewissen mit einem Schuldkomplex beladen ist. Dann kann, einzig und allein aus Angst, eine mutwillig vernichtende Inspirations-Tat entstehen.
Inspirierte Menschen sind für die Menschheit entweder hilfreich, in allen möglichen Tonarten, oder sie sind destruktiv. Einen Mittelweg gibt es nicht. Der inspirierte Mensch ist entweder eiskalt, vom Spirituellen aus gesehen, oder er ist kochend heiß.
Lau ist er niemals! Die Inspiration verwandelt ihn immer in einen Widersacher oder in einen Mitarbeiter.
Die Masse ist niemals inspiriert, sie ist nur induziert.
Um zu einer inneren Weihe zu kommen, muß der Mensch durch eine Inspiration begeistert werden. Eine Inspiration kann durch eine Übertragung entstehen, von der Intuition und Ge-wissen berührt werden und woraus dann die individuelle Inspiration entsteht, die zu einem ständigen Besitz wird.
Nur der Inspirierte kann den Funken der Inspiration übertragen.
Anhand eines Dogmas kann man niemals einen Funken übertragen, der Intuition und Gewissen für das Erschaffen der Inspiration vereinigt. Im Gegenteil, Dogmen geben häufig eine Reibung zwischen Intuition und Gewissen, wodurch die Inspiration ausbleibt.
Alle Geburt beginnt mit der Vereinigung von Wasser und Feuer, von Intuition und Gewissen, wonach Luft, Erde und Äther die Frucht zu vollem Wachstum bringen.
Die Vereinigung von Wasser und Feuer ist der Beginn einer Wiedererschaffung und nicht das Ende, wie viele meinen.
Die Intuition nimmt dem Menschen jeden Schatten von Angst, und das Gewissen stärkt den Mut und die Ausdauer.
Die Inspiration ist ein Funke der ätherischen Schwingungen, unirdisch. Wenn der Mensch jedoch eine Inspiration empfängt, eilt ihm das Luftelement entgegen, um ihm mental zu helfen, und eilt ihm das Wasserelement entgegen, um dieser Inspiration Form zu geben, während die in der Inspiration anwesende ätherische Schwingung das göttliche oder unirdische Element austrägt.
Wir sprechen nun ausschließlich von einer spirituellen Inspiration.
Alle Formen der Inspiration arbeiten jedoch mit diesen fünf Elementen: Wasser, Feuer, Erde, Luft und Äther.
Die Inspiration ist wie ein Blitzstrahl, sie schockt den Besitzer und sie zwingt ihn, etwas zu verwirklichen, einerlei in welcher Form. Aus einer Inspiration erkennt man die spirituelle Ent-wicklung eines Menschen.
Der Urglaube des Menschen, kommend aus seiner Intuition und seinem Gewissen, ist eine Form der Inspiration. Wenn der Mensch einen solchen Urglauben besitzt, weist er jedes Dogma ab, weil die Inspiration durch kein Dogma zu begrenzen ist.
Doch führt diese den Menschen wohl in eine bestimmte Richtung, zu einer bestimmten Tat, entlang eines bestimmten Weges.
Wenn Frederik van Eeden sagt: "Ich will die königlichen Menschen zusammenfügen", dann meint er immer die Menschen, die vom Geist inspiriert sind. Und es spielt keine Rolle, wie der Mensch diese Inspiration austrägt, es gibt zahllose Möglichkeiten, diese zu verwirklichen.
Inspiration ist eine Form der Einweihung, der Mensch wird in eine Offenbarung hineingeführt, und es ist bemerkenswert, daß seine Inspiration immer mit seinem Bewußtsein übereinstimmt, das seinerseits wieder von der Intuition und dem Gewissen gelenkt wird.
Ein inspirierter Mensch folgt einer Anweisung, worauf sein Verstand und sein Herz nachträglich sagen können: Nun, nun, wie komme ich dazu? Passen Sie gut auf, wir sprechen über das bewußte Befolgen einer Anweisung und nicht über das unbewußte und mediamistische Nachahmen von einer unverstandenen Übertragung.
Man erkennt die Verwirklichung als die eigene, aber man bemerkt, daß ein Grenzüberschreiten stattgefunden hat, das man, wenn die Inspiration weicht, niemals erzwingen kann.
Ein Eingeweihter, in der heiligen Bedeutung des Wortes, ist ein fortwährend inspirierter, ein bewußt empfangender, bewußt wissender und bewußt austragender Mensch.
Er "wandelt mit Gott", weil er die Antenne Gottes, die aus der Vereinigung von Wasser und Feuer besteht, besitzt.
Wenn der Funke des Geistes oder der Beseelung auf den Kandidaten überspringt, dann kann dieser in dem kalten Wasser gelöscht werden, verbrannt werden durch das höllische Feuer, begraben werden in der versteinerten Erde, oder verflüchtigt werden durch die Lüfte.
Nur die in dem Augenblick offene Intuition als eine Ansicht des reinen Wassers, und die tiefe, unerschütterliche Konzentration oder das Ge-wissen als eine Ansicht des Feuers, nehmen den Funken der Inspiration an. Man hört dann nicht nur mit dem Ohr, sondern man hört vor allem mit der Intuition und man urteilt mit dem Ge-wissen.
Man wählt aus, während man zuhört. So empfängt man ebenfalls eine Inspiration, man horcht danach, sie kommt über das Gehör herein, über das rechte Ohr, um mit den Katharern zu sprechen.
Aber Intuition und Gewissen müssen beide wach sein, um die Inspiration anzunehmen und auszutragen. Sie müssen beide in Bewegung kommen, aufeinander zugehen und sich vereinigen in einer Freude, einem Erkennen, einer Umarmung.
Niemals ist der Mensch so harmonisch, so beseelt, so eins in sich selbst, wie wenn er unter der Inspiration arbeitet.
Einer kann sich krank, schwach, unglücklich fühlen, sobald er inspiriert wird, fällt alles von ihm ab.
Diese Vereinigung von Wasser-Feuer ist ein heilender Balsam, denn wenn man diese einem Mitmenschen übertragen kann, findet dieser ebenfalls Genesung, Glück, Harmonie, Beseelung.
Einer, der niemals beseelt sein kann, hat sich in der Disharmonie der vier Elemente totgelaufen.
Intuition und Gewissen vereinigen sich nur dann, wenn der Mensch einen Augenblick in Harmonie ist. Er muß innerlich ruhig, friedlich, aber bestimmt nicht lau sein.
Der böse Gegenpol der Inspiration ist die Besessenheit. Besessenheit sät Vernichtung, Zerstörung um sich herum.
Diese Besessenheit entsteht, wenn der Mensch entweder von dem losgeschlagenen Gewissen aufgepeitscht wird, oder von der entarteten Intuition. Es gibt niemals eine Einheit zwischen Gewissen und Intuition bei der bösen Besessenheit.
Die Intuition der Urerinnerung drängt nicht zu Exaltation und infolgedessen nicht zu Vernichtung. Das Urgewissen ruft niemals Fanatismus hervor, noch treibt es zu einer böswilligen Herrschaft über den Nächsten und dadurch zu einer Zerbrechung. Die Inspiration, die aus der reinen Intuition und dem vorweltlichen Gewissen hervorkommt, bringt immer konstruktive Taten hervor.
Wenn sie zu Reinigung oder Abbruch veranlaßt, gibt sie gleichzeitig etwas für den Aufbau in die Hände. Auf diese Weise erschafft sie den Tanz von Shiva. Sie verweist den Menschen niemals in das Dunkel oder in die Aussichtslosigkeit. Die Wasser-Feuereinheit ist immer eine Bewegung, ein Abbrechen und ein Bauen.
Man kann zu einer vollständigen inneren Reorganisation inspiriert werden, aber dem steht immer eine Sicherheit gegenüber.
Die Inspiration verweist den Menschen niemals in das leere Nichts, sondern immer zu der bestürzenden Fülle, obwohl er in dem Augenblick äußerlich nichts zu besitzen scheint.
Man kann, der Inspiration folgend, alles verlieren und gleichzeitig alles gewinnen. Auf Anweisung der Inspiration springt man in das - für das Ego - völlige Dunkel, um danach zu entdecken, daß dem Dunkel eine blendende Aurora folgt.
So muß es sich nun mit einem dem Geist nach Inspirierten verhalten. In dem Augenblick, da ihn die Inspiration beseelt, tanzt er den Shiva-Tanz: Er gibt seinen Funken weg, und er empfängt eine Antwort.
Man kann z.B. mit einem Freund ein inspiriertes Gespräch führen: Beide sprechen inspiriert, ganz und gar von ein und demselben Bildnis beseelt, und gemeinsam tanzen sie den Shiva-Tanz, wodurch eine elektrisch geladene Sphäre entsteht, ein Schwingungsfeld, durch das Mitanwesende den Funken zur Inspiration empfangen könnten.
Dies ist nur ein einfaches Beispiel.
Man kann hierauf sogar das Christuswort anwenden: "Wo zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, bin Ich mitten unter ihnen."
In Seinem Namen versammelt sein, bedeutet dasselbe wie: den Tanz von Shiva tanzen, Feuer und Wasser vereinigen, erschaffen aus den höchsten Ansichten von negativ und positiv in dem Menschen selbst, und dann kommt Christus, die Höchste Inspiration in ihre Mitte.
Man kann alle möglichen heiligen Texte lesen, ohne daß Christus in der Mitte ist.
Christus ist eine Geburt aus Wasser und Feuer. Wenn man inspiriert ist, ohne daß Christus daraufhin erscheint, dann ist sein Pendant anwesend: Luzifer, sein Bruder. Man kann von einer destruktiven Idee besessen sein und so sehr von einem höllischen Feuer aufgepeitscht, daß man in dem Augenblick erschafft: vernichtendes Feuer, Luzifer, den Hochmut, der meint, mehr zu können als Gott. Auch eine solche elektrisch geladene Sphäre kann der Anwesende erfahren, häufig als eine innere Enttäuschung, von der er krank wird. Die Elemente Wasser und Feuer sind beide tonangebend im Aufbau und Abbruch.
Der intuitive Mensch ist, wenn er aufrecht und rein ist, liebevoll, helfend, seine Mitmenschen durch sein Mitleben begleitend.
Der gewissenhafte Mensch ist, wenn er aufrecht und rein ist, ehrlich, mutig, durchsetzend, unüberwindlich. Ergänzen sich diese Eigenschaften in einem Menschen gegenseitig, dann entsteht ein idealer Mensch, und wird er dann noch vom Geist beseelt, dann ist er der spirituelle Inspirator selbst, ein Botschafter, der den Funken überträgt, ein Prometheus.
Eine solche Aufgabe ist nicht nur Auserkorenen und dogmatischen Führern vorbehalten, wie die Menge glaubt, sondern diese Aufgabe ist dem individuellen Sucher vorbehalten, der sich durch die Inspiration von Prometheus beseelt fühlt.
Und in dieser Hinsicht spielt es dann auch keine Rolle, ob man ein Wasser-, ein Feuer-, ein Erde- oder auch ein Lufttyp ist.
Wenn man nur die Behinderungen, die zwischen der Intuition und dem Gewissen stehen, aus dem Wege räumt. Denn eins ist sicher: Zu einer inneren Schöpfung muß es kommen!
Wer diese innere Schöpfung kennt, bringt aus sich selbst eine Frucht hervor, und damit ist er zu dem erschaffenden Individuum geworden: dem Atom, der unteilbaren Einheit, aus der das Leben hervorkommt.
Intuition und Gewissen müssen freigelegt werden, und dies geht nur durch Einsicht in das eigene Selbst, Besinnung und fortwährendes Revidieren.
Denn der Himmel, so sagten die Alten, hilft nur dem Menschen, der sich selbst hilft!