Die vier Wahrheiten und ihre zwölf Ansichten


"Wer einmal einen Blick in die Sphäre des Ewigen geworfen hat, der wird niemals die Erinnerung an diese herrliche Erfahrung verlieren. 

Darum bleibt er dem Ewigen treu."


Buddha sagt: "Solange meine Kenntnis und meine innere Einsicht in bezug auf die drei Einteilungen der Vier Wahrheiten und ihren zwölf Ansichten nicht zu den Vier edlen Wahrheiten gereinigt ist, habe ich den Gipfel der höchsten Erleuchtung noch nicht erreicht, so habe ich erkannt."

Die Vier Wahrheiten werden zu den Vier edlen Wahrheiten gereinigt, dies ist eine Form der Transfiguration.

Die vier Elemente, Erde, Wasser, Luft und Feuer in dem Menschen, müssen umgewandelt werden zu den vier heiligen Speisen.

Die Aktivität zu dieser Umwandlung verleiht der Äther oder das fünfte Element.

Eigentlich ist die ganze Lehre in diesen wenigen Worten dargelegt.

Die Schwierigkeit liegt nun jedoch darin, die grandiose Tiefe dieser einfachen Wahrheit zu verwirklichen.

Das Ziel dieser Lehren ist, die Methode der Verwirklichung unmittelbar vor den Kandidaten zu stellen.

Die zwölf Ansichten der Schein-Wahrheit, die auf der Erde herrscht, stehen natürlich direkt mit den sieben Ursünden in Verbindung, die diese Scheinwahrheit inspirieren.

Das Überwinden der zwölf Ansichten würde uns keine Mühe machen, wenn wir uns von den sieben Ursünden gelöst hätten.

Jede Ursünde steht mit einigen Ansichten der Schein-Wahrheit in Verbindung, die in Wirklichkeit eine Lüge ist.

Die Ursünde, die den Kandidaten regiert, verzweigt sich in zwölf untergeordnete Sünden, die man als die Trabanten der sieben Teufel ansehen kann.

Auf diese Weise nähert man sich auch dem Gnostischen Evangelium der Pistis Sophia.

Im Buddhismus sieht man zwei Ansichten als die fundamentalen Pfeiler an, auf die sich der Lebensweg stützt: der Widder und der Skorpion, das Leben und der Tod.

In der Schein-Wahrheit regiert der Marstrieb den Widder, während die unüberlegte Marsbegierde den Tod bringt.

In der Chymischen Hochzeit mußte Christian Rosenkreuz seine Wahl treffen, am siebenten Tag, in der achten Stunde.

Bevor der Mensch in die Pforte des Todes oder die Pforte des Endura hineingeht, muß er zu einem Entschluß gekommen sein, wenn nicht, dann stirbt er wahrlich den Seelentod.

Darum müssen die ersten sieben Ansichten der Scheinwahrheit in die leuchtenden Ansichten der edlen Wahrheit verwandelt sein.

Jeder Pilger muß dies in sich selbst zustande bringen.

Zuallererst muß er die Unwissenheit überwinden, eine Unwissenheit, die durch die Art des Widderzeichens zu einer angeblichen Wahrheit führt.

Infolge innerer Unwissenheit, Unsicherheit, lebt man in Annahmen, die sich der Wirklichkeit nicht nähern.

Der Pilger baut eine Scheinwelt auf, in der er sein Denken und seine Gefühle verbirgt und aus der er lebt.

Wenn der Mensch diese arrogante Lebenseinstellung nicht fahren läßt, kann keine Rede sein von einem rechten Beginn, um den vier edlen Wahrheiten zu begegnen.

Wenn diese Eigenweisheit den Pilger verläßt, kommt er in das Stadium von Offenheit, von Vereinigung.

In der Scheinwahrheit äußert sich das in Offenheit für Vereinsleben, im Suchen nach Gesellschaft und in der Unterwerfung an Autoritäten.

Die noch bestehende Unwissenheit und angenommene Wahrheit schenken diesem Menschen kein Unterscheidungsvermögen, sondern kapseln ihn im Gemeinschaftsleben ein.

Hierbei ist Venus wirksam und stimuliert zu Bequemlichkeit, dem Aufgehen in der Masse.

Es gibt keine größere Sünde als die Sünde der Unwissenheit, und das gilt vor allem für den Sohn des Lichts, der das Wissen in sich trägt, aber von einer der sieben Ursünden und ihren Trabanten daran gehindert wird, dieses Wissen auszugraben.

Man kann dies alles bei sich nachprüfen. Inmitten der angenommenen Bilder lebend, eine Lebenshaltung, der ziemlich alle Menschen folgen, ist der Lichtsohn entweder zu zornig, aggressiv oder zu lau oder vergiftet von eifersüchtiger Herrschsucht oder genußsüchtig oder ist ängstlich wegen seines Besitzes oder zu begierig nach anderen Dingen, um einem Seelenverlangen irgend eine Aufmerksamkeit zu schenken.

Wir sprechen hier nicht über die Unwissenheit des naturgeborenen Menschen, der nur die natürlichen Bewegtheiten kennt, sondern wir sprechen immer über den Lichtsohn, über ihn, der weiß, aber nicht hören will!

Für ihn ist der zodiakale Bann eine Behinderung, nicht aber für den natürlichen Menschen, der keinen Grenzdurchbruch sucht.

Wenn man ein Suchender ist und es mit einem spirituellen Pfad ernst meint, dann leidet man unter seinen hindernden Aspekten.

Man fühlt sich krank infolge falscher Reaktionen, und man schämt sich vor sich selbst wegen seiner Fehltritte, die man eigentlich hätte vermeiden können.

So lebt der spirituell gerichtete Mensch viel konsequenter als der materiell ausgerichtete Mensch, auf allen Gebieten erkennt er seine feinere Art, ohne jedoch krank oder anormal zu sein.

Er kann sich jedoch nicht erlauben, was sich der grob materielle Mensch erlaubt.

Und dies gilt sowohl für seine Nahrung, sein Lebensklima, wie für seine Lebenshaltung. 

Wenn sich ein spiritueller Mensch innerlich der Mentalität dieser Gesellschaft entzieht, ist es doch selbstverständlich, daß sein Körper dieser inneren Neigung folgt.

Wenn er sich für das Licht öffnet, nachdem er sein intuitives Wissen wachgerüttelt hat, folgen sein Denken und sein Körper der neuen Lebensführung.

Dies ist dann die dritte Ansicht der Wahrheit, die sich als Schein oder als edle Wahrheit offenbaren kann.

Auf die Offenheit der zweiten Ansicht folgt die gehorsame Mentalität und die körperliche Konsequenz.

Keiner entkommt dem Einfluß der Offenheit des Herzens, einerlei, für welches Interesse es sich öffnet.

Richtet man sein Herz auf ein Ziel, dann folgt das Denken dieser Richtung, während der Körper, der stoffliche Mensch, automatisch den Weg einschlägt, den Herz und Denken weisen.

Das ist deutlich!

Zwischen der zweiten und der dritten Bewegung ist keine Trennung möglich.

Offenheit verlangt Gefolgschaft von Denken und Körper.

Die Offenheit des Herzens des Kandidaten beeinflußt sein Denken und gleichzeitig seine körperliche Lebensführung.

Sehen Sie nur um sich in dieser bewegten Zeit.

Offenstehend für die Gefahren der Umweltverschmutzung, hört man die Berichte mit einem offenen Herzen, zieht man daraus seine Schlüsse, und folgt man dann einer bestimmten Lebensnorm.

Wenn man hört und nicht reagiert, im Denken und mit seinem Körper, war keine Offenheit da, und dort, wo keine Offenheit ist, ist Unwissenheit, Sichverschließen, die Annahme z.B.: "daß es schon laufen wird", und man baut sich ein eigenes Bild der Wirklichkeit auf, so wie man diese sehen will!

So erkennt man, daß die sieben Ursünden und ihre zwölf Trabanten unlöslich miteinander verbunden sind!

Kein Typ besteht jemals aus den zwölf Ansichten allein, er wird nur mit einer der zwölf Ansichten die größte Mühe haben.

Wenn das Denken und der Körper dem Herzen folgen, hat dies einen Einfluß auf die Sinnesorgane.

Die Augen des Kandidaten nehmen anders wahr, 

sein Geschmack ändert sich in jeder Beziehung,

seine Empfindsamkeit für Eindrücke und Umstände nimmt zu, verfeinert sich, 

seine Atmung und sein Geruch werden intensiver und empfindlicher für Unreinheit,

sein Gehör wird schärfer, in dem Sinne, daß er feinere Nuancen wahrnimmt

und seine Kehle ist nicht mehr imstande, sinnlose Klänge zu bilden und vernichtende Worte hervorzubringen.

Auch dies kann man bei sich selbst beobachten.

Es gibt Dinge, die der Kandidat früher akzeptieren oder ertragen konnte, welche ihn aber jetzt bedrängen oder schmerzlich berühren.

Er ging früher leichter über die Ereignisse hinweg, sie trafen ihn nicht so heftig, jetzt können Ereignisse ihn mit Schmerz erfüllen.

Er empfindet die Unwissenheit seiner Mitmenschen stärker, und dies verletzt ihn innerlich.

So wie das Hervortreten einer der Ursünden ihn bedrängen kann.

Es ist ganz und gar nicht mehr selbstverständlich und so als wäre es eine Ansicht dieser Welt, sondern der Mensch sieht dies alles als ein Hindernis, eine Peinigung, die nicht zu sein brauchte.

Und darum wird er Mühe haben mit folgender innerer Neigung: er würde sich lieber absondern, obwohl er weiß, daß er mit seinen Mitmenschen in Kontakt bleiben muß, trotz der schmerzlichen Erfahrungen.

Dies ist die Wirkung des Trabanten Jungfrau oder Virgo.

Eine Selbstüberwindung, kommend aus der direkten Verbindung mit der reinen Lichtkraft, ist nun eine echte Forderung.

Buddha sagt: "Dies ist die Ansicht des Kontaktes." Es muß ein neuer Kontakt hergestellt werden zwischen dem Pilger und seiner Umgebung.

In der Phase der Scheinwahrheit verschließt sich der Mensch, er ist abweisend, in sich verschlossen, sich auf dem vermeintlichen Besitz erhebend, welcher aus dem falschen Beginn aufgrund der scheinbaren Wahrheit hervorgeht.

Hier verschließt er sich in der scheinbaren Wahrheit, weil er nicht will, daß es anders ist, aus Angst, seine innere Wahrnehmung zu verlieren.

Vom rechten Anfang ausgehend, steht dieser Mensch jedoch in der Phase des Bereitwerdens, worauf die Übergabe folgen muß. 

Wozu sollte er sonst vorbereitet worden sein?

Er begann mit Einsicht, dann kam die Offenheit des Herzens, Denken und Körper folgten dem, hiernach veränderten sich die Sinnesorgane.

Es handelt sich also um eine vollkommene Vorbereitung, und nun muß der Kandidat gebildet werden.

Stimmt dies nicht mit dem Bild der Jungfrau überein?

Wenn diese Jungfrau bereit ist, fügt sie sich mit dem Bild ihrer Wahl zusammen, wie die Waage es andeutet. Der Pilger folgt dem Bild, das er mittels seines vervollkommneten Instrumentariums erwählt hat.

In der Scheinwahrheit folgt der Pilger jedem willkürlichen Bild, das seinen Pfad kreuzt, wobei sich die Schalen seiner Waage fortwährend auf und nieder bewegen.

Wenn dann dieser Pilger seiner Auserkorenen folgt, wie es die Jungfrau tut, und er sich seiner Begeisterung übergibt, dann folgt das Resultat in der Ansicht des Skorpions: der Tod oder das Leben, das Risiko dieser achten Ansicht.

Wie auch im gewöhnlichen Leben eine Gefühlsbindung so häufig enorme Gefahren mit sich bringt, die über den weiteren Lebensgang entscheiden können.

In dieser achten Ansicht der Scheinwahrheit, die sich auf Unwissenheit gründet, stürzt sich der Pilger in die Begierde, das leidenschaftliche Inbesitznehmen dessen, was er bekommen hat.

Und das tut er solange, bis darauf der Tod, der Seelentod, oder der moralische Tod oder irgendeine andere Form des Sterbens folgt.

Er begeht eine Art Selbstmord, so wie der Skorpion kämpft, bis der Tod folgt.

Auch für den transfigurierten Skorpion, in der Alchemie als der Adler bekannt, ist seine alte Welt tot für ihn: er läßt alles hinter sich, um sich zu den Himmeln zu erheben.

Er fliegt durch die Pforte der Siebenheit und fliegt den Lüften entgegen, die er gekannt hat und denen er wieder begegnen will.

Immer wieder stößt man in der Literatur auf die scharfe Trennung, die sich im Zeichen oder auf dem Kreuzweg der Acht vollzieht.

Die zornige Besessenheit, die Begierde nach Besitz, spirituell, materiell, jagt den Menschen über jede Begrenzung hinaus, er achtet nicht darauf.

Darum sagt Buddha: "Wenn ich die zwölf Ansichten nicht zu Vier edlen Wahrheiten gereinigt habe, habe ich die vollkommene Erleuchtung nicht erreicht."

Dieser wahnsinnige Drang zum Erreichen, zum Besitzen, zum Besitzen von Spiritualität, muß sterben und in Gleichmäßigkeit übergehen. Das Instrumentarium muß zuallererst bereit sein, ehe sich der Adler erheben kann.

Und das bedeutet immer: die vorgenannten Facetten der Edlen Wahrheit müssen im Besitze des Pilgers sein, wenn er durch diese Pforte zu den Himmeln hindurchgehen will.

Aufgrund des intensiven Verlangens des Skorpions, die Verwandlung in den Adler zu vollziehen, erhebt sich der Pilger zu den Himmeln, oder stürzt in die Höllenstrudel nieder, weil seine Flügel nicht fertig waren.

Dann sieht man, wie dieser mißlungene Adler über die Formen spricht, die er nicht sieht. Er kann nicht anders als darüber sprechen, er kann sich nicht erheben, aber das Verlangen nach dieser Verwandlung wühlt in ihm als eine Unruhe, ein Schmerz, ein intensives Begehren, das mit keiner einzigen körperlichen Leidenschaft zu vergleichen ist.

Es ist eine spirituelle Leidenschaft, die ihn über seine fernen Himmel sprechen läßt, die er gekannt hat und die er wieder sehen will.  Das ist der Schütze, gegründet in die Erde, festgenietet an die Erde, seine mentalen Pfeile auf die Fernen richtend.

Er, dessen Anfang nicht richtig ist, der unwissend geblieben ist, leidet unter dieser Einstellung, denn seine Begierde treibt ihn weiter zu den Himmeln, und er vermag darüber nur zu sprechen.

Die Verwandlung von Skorpion - Adler hat nicht stattgefunden, und die mentale Gespaltenheit wird häufig zu einem Alp.

Und dann möchte der Steinbock in die neue Wirklichkeit des Adlers gegründet werden, er möchte nun Sicherheit haben, seine Wirklichkeit fest ergreifen können, und darum wagt es der noch nicht wiedergeborene Mensch noch nicht, seine alte Sicherheit loszulassen.  Er kennt die Stärke seiner Flügel nicht, zweifelt am Besitze seiner Flügel. 

Nur der Transfigurierte, der Adler der Himmel, kennt seinen Besitz und gründet sich darauf, um vollkommen wiedergeboren zu werden, als ein Wesen des Himmels, ein himmlischer Mensch, wie der Ausdruck lautet.  Ebenso wie in der buddhistischen Astrosophie spricht man auch im Evangelium der Pistis Sophia nicht mehr über die Möglichkeiten nach der achten Phase.

Der Mensch ist entweder der Erde vollkommen enthoben, oder er ist zurückgefallen in die alte Bettung, die alten Gesetze, so wie hier Saturn, in der Wassermann-Phase, von Uranus die Macht übernimmt.

Hat man sieben Hindernisse überwunden, dann folgt, als selbstverständlicher Prozeß, die Phase der inneren Veränderung und der Wiedergeburt, der Anpassungsprozeß an die Göttlichen Himmel.

Nur der Mensch, der unrichtig begonnen hat, kennt den Hochmut der elften saturnalen Phase, in der dieser Pilger meint, das Licht bereits zu besitzen und sich so in der selbstgesponnenen Aureole sonnt, die er prahlend seinen Mitmenschen zeigt.

Und endlich findet man in der zwölften Phase die Reife und die Weisheit, das vollkommene Stadium in der neuen Himmel-Erde, und wenn nicht, dann bringt dieses Hindernis nur Selbstmitleid, das enttäuschte Niedersitzen, das sich Hinabsinkenlassen in Tränen und Verzweiflung.

Es ist die Reaktion darauf, den Ursünden und ihren Trabanten gefolgt zu sein: zu scheitern an dem so sehr begehrten Ziel.

Nur ein falscher Anfang kann solch ein Ende bringen.

Erfolg bringt Überdenken und Weisheit.

Der Pilger kann alle diese zwölf Wirkungen in sich selbst erkennen, manchmal wird er von der einen, dann wieder von der anderen Wirkung aufgehalten, aber sie alle werden immer von der Ursünde inspiriert, die mit den Trabanten Kontakt sucht, die ihrer spezifischen Art dienen wollen. Einsicht ist das offene Tor, wie man weiß, aber Ehrlichkeit gegenüber sich selbst führt zur Einsicht!

©1970-2013 Henk und Mia Leene